Der Windparkfinanzierer aus Itzehoe gerät unter Druck, weil Anleger in größerem Umfang ihr Kapital abziehen. Und nun prüft auch noch die Staatsanwaltschaft Lübeck.

Stuttgart - Bei der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) stehen die Telefone nicht still. „Vier Mitarbeiter tun nichts anderes als die Anrufe besorgter Prokon-Anleger entgegen zu nehmen“, sagt Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der DSW. Zwischen 1500 und 2000 Anleger haben sich gemeldet. Die Anleger fürchten um ihr Geld, das sie als Genussscheine bei Prokon investiert haben.

 

Warnungen über das Geschäftsgebaren des Windparkfinanzierers aus Itzehoe gibt es schon lange; das Unternehmen stehe seit 2010 auf der Warnliste von Stiftung Warentest, sagt Renate Daum, Redakteurin im Bereich Geldanlage. Doch die Anleger haben solche Hinweise bisher in den Wind geschlagen, so Tüngler, und stattdessen den Worten des Prokon-Chefs Carsten Rodbertus vertraut. Gekippt seit die Stimmung als Prokon selbst negative Nachrichten verbereitet habe, wie das jüngste Schreiben von Rodbertus. Darin heißt es: „Sofern nicht am 20.1.2014 die Zusage für mindestens 95 Prozent des Genussrechtskapitals vorliegt, dieses ungekündigt bis zum 31.10.2014 stehen zu lassen, bleibt uns nach dem jetzigen Stand der Dinge keine andere Möglichkeit, als noch im Januar den Schritt in die geplante Insolvenz gehen zu müssen“.

Es sei „nicht unsere wirtschaftliche Lage, die uns unter Druck setzt, sondern der Kapitalentzug durch die Kündigungen unsere Anleger“. Im vergangenen Jahr habe Prokon 130 Millionen Euro Genussrechtskapital zurückgezahlt, weitere Kündigungen von 150 Millionen Euro würden im Wesentlichen Mitte Januar, beziehungsweise Mitte Februar fällig. Wenn es so kommt, habe Prokon ein Liquiditätsproblem, sagt Tüngler, denn in der Kasse seien – Stand Ende Dezember – nur rund 20 Millionen Euro. Problem sei, dass Prokon langfristige Investments mit kurzfristig laufenden Anlagen finanziere. Der Windparkfinanzierer hatte Anfang 2013 eine Kündigungsfrist von vier Wochen in die Genussscheinbedingungen aufgenommen. Prokon selbst begründet dies mit Fairness gegenüber den Anlegern. Vertreter der Anleger vermuten, dass Prokon so leichter an Gelder kommen wollte. Rund 75 000 Anleger haben insgesamt mehr als eine Milliarde Euro in die Genussrechte investiert.

Letzte testierte Prokon-Bilanz stammt aus dem Jahr 2011

Die Aufforderung der Prokon-Geschäftsleitung an Anleger auf Kündigungen zu verzichten, wirkt auf den Düsseldorfer Rechtsanwalt Julius Reiter von der Kanzlei Baum, Reiter und Collegen wie eine Erpressung. „Mit keinem Wort erklärt sich die Unternehmensführung zu Missmanagement und eigenen Fehlern“, so Reiter. Stattdessen warnt Prokon in einer Mitteilung von Dezember 2013 dringend „vor vermeintlichen Anlegerschützern“ und betreibt massiv Medienschelte.

Wie es tatsächlich um Prokon steht, ist unklar. Die letzte testierte Bilanz stammt aus 2011. Seitdem gibt es Häppchen wie dieses: „Prokon habe über die Jahre insgesamt 330,4 Millionen Euro an Zinsen an Anleger gezahlt. Tatsächlich hätten aber nur 120,5 Millionen Euro zur Verfügung gestanden, ,wenn wir unsere Anleger nicht an den stillen Reserven beteiligt hätten’“, fasst die Stiftung Warentest Prokon-Unterlagen zusammen. Die stillen Reserven des Finanzierers werden auf 115,4 Millionen Euro (Ende Oktober) beziffert. Aufgeführt sind im Bau befindliche Windparks, noch nicht enthalten seien „die windreichen Herbst/Wintermonate November und Dezember 2013“.

Mittlerweile kümmert sich auch die Staatsanwaltschaft Lübeck um Prokon. „Wir prüfen einen Anfangsverdacht“, sagt die zuständige Oberstaatsanwältin. In den vergangenen Wochen seien zwei Anzeigen eingegangen. Tatvorwurf seien Betrug und andere Wirtschaftsdelikte.