Die Windräder auf dem Goldboden werden zur Gartenschau nachts illuminiert. Aus 50 000 Einstellungen besteht die Komposition der Künstlerin Gisela Mayer-Hahn. Doch aus Naturschutzgründen darf sie nicht jeder Nacht abgespielt werden.

Winterbach - Drei blaue Stelen wachsen aus dem Wald auf dem Goldboden über Winterbach. Dann wieder wechseln die Farben – ein rot angestrahltes Rotorblatt leuchtet kurz auf, einer der anderen Masten färbt sich grün. Erst nach 22 Uhr waren am Montagabend die Lichtkompositionen von Gisela Meyer-Hahn gut zu sehen – davor war es noch zu hell.

 

Monatelang hat die Künstlerin an ihren Kompositionen für die Windenergieanlagen der EnBW gearbeitet. Aus 50 000 Einzeleinstellungen setzt sich das Programm zusammen, das mehrmals abgespielt wird. Das Kunstprojekt ist ein Beitrag des Energieversorgers zur Remstal-Gartenschau und wird bis 25. August jeweils bis 23.30 Uhr zu sehen sein.

Die Künstlerin illuminiert Windparks seit fünf Jahren

Wie bei einem Konzert beginnt die Komposition von Gisela Meyer-Hahn mit einer Ouvertüre, „ganz langsam, fast nicht wahrzunehmen, färben sich die Windräder grün“, berichtet sie. Es folgen ein mit Licht umgesetztes Stück von Bach sowie ihre Interpretation eines Textes über Licht. Sechs Scheinwerfer von der „hochenergieeffizienten“ Sorte malen die drei Windräder an, „ganz behutsam“.

Denn Gisela Meyer-Hahn will keine Discoshow, ganz im Gegenteil: „Das nächtliche rote Blinken der Windräder hat etwas Bedrohliches. Das will ich abmildern, etwas erträglicher machen. Ich stelle mir die drei Windräder in Winterbach wie drei Blüten über einer Wiese vor“, erzählt sie, die bereits seit fünf Jahren immer wieder Windräder illuminiert. Auf die Idee haben sie die Windparks vor ihrer Haustüre gebracht: „Ich lebe in Norddeutschland, und dort stehen überall Windräder.“ Ein Stück weit sieht sie ihre Kunst als einen Versuch an, Nachbarn solcher Anlagen mit diesen zu versöhnen.

Welchen Effekt haben beleuchtete Windräder für Fledermäuse?

Bei jedem ihrer bisherigen Illuminierungen von Windrädern sei es auch um den Naturschutz gegangen, „aber dass mein Kunstprojekt so stark in Frage gestellt wird, das habe ich noch nie erlebt“, sagt die 66-Jährige, die bei ihren Lichtkompositionen, wie sie betont, darauf achte, Mensch und Tier möglichst wenig zu stören. „Ich arbeite mit einem auf Naturschutz spezialisierten Ingenieurbüro in Husum zusammen. Wir erarbeiten gemeinsam Farbigkeiten, schauen, was geht und was nicht geht.“

Und trotzdem hat das Waiblinger Landratsamt entschieden, dass die Illumination der Windräder nur an drei Tagen in der Woche genehmigt wird – nur während der derzeit stattfindenden Highlightwoche in Winterbach darf die Lichtkomposition jeden Abend abgespielt werden. Der Grund: „Der Naturschutzbeauftragte kommt zu dem Schluss, dass der Effekt auf Fledermäuse gering ist, Auswirkungen jedoch nicht gänzlich ausgeschlossen werden können“, schreibt die Pressestelle des Landratsamtes auf Nachfrage.

Nur an drei Tagen in der Woche dürfen die Windräder beleuchtet werden

Der Umweltverband Naturschutzinitiative hatte per Pressemitteilung schon vergangene Woche auf etwaige Gefahren für Fledermäuse durch das Kunstprojekt hingewiesen. Man sieht beispielsweise die Jungtieraufzucht gefährdet. „Zudem jagen Große Abendsegler gerne im Lichtkegel von Beleuchtungen. Somit kann es durch Anlockwirkungen, Quartiersuche, Futtersuche und eventuell Neugier der Tiere zu vermehrten Schlagopfern kommen“, wird der Biologe Immo Vollmer in der Mitteilung zitiert. Die Forderung der Umweltschützer lautete, das Vorhaben nicht zu genehmigen. Bei der Behörde hat man sich nun auf einen Mittelweg geeinigt, auf eine Minimierung der Beleuchtungszeiten auf drei Tage in der Woche.

Landratsamt: Windräder sind Werbeanlagen der EnBW

Genehmigungspflichtig ist das Kunstprojekt übrigens, weil es vom Baurechtsamt des Landkreises als Werbeanlage betrachtet wird: Die EnBW rücke ihre sogenannten „Stätten der Leistung“ mit dieser Beleuchtung in den Mittelpunkt, produziere unmittelbar Aufmerksamkeit und rufe diese gewollt hervor. Deswegen musste auch der Winterbacher Gemeinderat über das Projekt abstimmen. Das Veto des Gremiums fiel mit 8 Nein- bei 10 Ja-Stimmen äußerst knapp aus. „Allerdings waren einige von denjenigen, die dagegen gestimmt haben, nicht grundsätzlich gegen das Projekt, sondern wollten eine Verkürzung der Aktion“, sagt der Bürgermeister Sven Müller. Er sei nach wie vor ein großer Freund und Befürworter: „Ich hoffe, dass auch Kritiker zu begeisterten Zuschauern werden, wenn sie den dezenten Lichtwechsel sehen.“