Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat sich betroffen über die rechtsextremen Ausschreitungen von Chemnitz geäußert. Er sieht aber vor allem die Politik in der Pflicht, den „Auswuchs“ des Zorns zu bremsen.

Berlin - Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat sich betroffen über die rechtsextremen Ausschreitungen von Chemnitz geäußert. Es sei „in einem ganz vielfachen Sinn verstörend, dass da nicht getrauert wird, sondern dass man richtig die Sau rausgelassen hat - bis hin zu Hitlergrüßen“, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag in Berlin bei einer Diskussionsveranstaltung. „Da merkt man, da ist was in unserer Zivilisation verrutscht.“

 

Die Aufgabe der Politik sieht Kretschmann darin, den „Aufwuchs“ des Zorns zu bremsen. „Erst mal werden wir das nicht wegbekommen“, sagte er. Es gehe zunächst darum, „dass das nicht weitere Leute ansteckt“. In Deutschland habe man historisch erlebt, wohin ein „unheiliger Zorn“ führe, der im „Furor“ ende.

Grünen-Vorsitzender Habeck und Kretschmann diskutieren in Berlin

In Chemnitz war ein 35-jähriger Deutscher am frühen Morgen des 26. August erstochen worden. Tatverdächtig sind drei Asylbewerber aus Syrien und dem Irak, von denen zwei in Untersuchungshaft sitzen. Nach dem dritten Mann wird gefahndet. Nach der Tat gab es in Chemnitz immer wieder fremdenfeindliche und teils aggressive Proteste.

Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck und Kretschmann diskutierten am Dienstag in der baden-württembergischen Landesvertretung in Berlin darüber, welche Antwort die Politik auf Polarisierung und Populismus geben soll. Während Habeck für einen inhaltlichen Radikalismus plädierte, der die Grünen in die Offensive bringen und andere Parteien zum Antworten zwingen soll, sprach Kretschmann sich für „Maß und Mitte“ aus. „Wenn wir alle radikaler werden, wie finden wir nachher zusammen“, fragte er. Die Politik müsse stattdessen wieder von mehr Menschen als relevanter wahrgenommen werden.