Der Vorstand des VfR Birkmannsweiler informiert seine Mitglieder über die mutmaßliche Unterschlagung ihres Kassiers. Etwa 300 000 Euro sind unbemerkt veruntreut worden. Doch die Versammlung stärkt der Vereinsführung den Rücken.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Winnenden - Das Ziel ist eine lückenlose Aufklärung, völlige Transparenz und Euer Vertrauen wiederzugewinnen“, sagt der Vorsitzende des VfR Birkmannsweiler Karl-Heinz Klöpfer. In einer außerplanmäßigen Veranstaltung hat der Vorstand des Vereins seine Mitglieder am Donnerstagabend über die mutmaßliche Veruntreuung von Vereinsgeldern informiert. Wie berichtet, soll der langjährige Kassierer des Vereins 300 000 Euro unterschlagen haben, wohl um seine Spielsucht zu befriedigen. Klöpfer, rekapitulierte vor rund 200 Mitgliedern in der gut besuchten Birkmannsweiler Halle, was der Vorstand seit Bekanntwerden der Vorgänge herausgefunden und unternommen hat. Nach seinem Vortrag und einer Aussprache standen alle auf, klatschten Beifall und stärkten ihm auf diese Weise den Rücken.

 

Der Stachel sitzt tief. Karl-Heinz Klöpfer ringt um Fassung, als er seine persönliche Betroffenheit schildert. Über viele Jahre hinweg habe der Vorstand des VfR Birkmannsweiler hervorragend mit seinem Kassierer zusammengearbeitet. Von der Jugend an sei dieser Mitglied im Verein gewesen, er wohne und arbeite im Ort, habe zuletzt noch in der Altherren-Mannschaft gekickt. 15 Mal sei die von ihm betreute Kasse ohne Beanstandungen geprüft worden. „Er hat überall großes Vertrauen und Anerkennung genossen“, betont Klöpfer. Noch eine Woche vor der Hauptversammlung des Vereins habe man sich mit ihm im Ausschuss auf seine Kandidatur zur Wiederwahl verständigt. „Ich fühle mich verraten und verkauft“, sagt Klöpfer.

Erst zehn Minuten vor der Hauptversammlung am Freitag, 22. März, wurde der Vorstand ein wenig hellhörig. Die Kassenprüfer hätten ihn zu diesem Zeitpunkt davon unterrichtet, dass mehrere Prüfungstermine geplatzt seien, erzählt er. Weil der Kassierer auch zur Sitzung nicht erschien, fiel dessen Bericht aus, seine Wiederwahl allerdings wurde in Abwesenheit von der Versammlung abgesegnet – ohne eine einzige Gegenstimme.

Weil er sich Sorgen machte, rief Klöpfer tags drauf bei dem Vermissten zu Hause an. Dort wurde ihm mitgeteilt, dass der Vater via Polizei in ein Krankenhaus gebracht worden sei und dort unter Beobachtung stehe. Jetzt endlich schrillten die Alarmglocken, der Vorstand kontaktierte die Banken, ließ sämtliche Vollmachten löschen und forderte die Kontoauszüge an.

Ein Anruf der Kriminalpolizei am Montag bestätigte seine Befürchtungen: Der zuständige Beamte habe durchblicken lassen, dass ein Anfangsverdacht der Unterschlagung bestehe und eine Schadenssumme von etwa 300 000 Euro vermutet werde. Ein Termin bei der Sparkasse am Abend erbrachte, dass von dem Girokonto des VfR in diesem und im vergangenen Jahr zahlreiche Barabhebungen getätigt wurden, meist 1000-Euro-Beträge. Die genaue Summe lasse sich noch nicht feststellen, weil die Unterlagen von der Kripo beschlagnahmt worden seien. „Die Größenordnung jedoch muss ich leider bestätigen“, sagt Klöpfer. Am Dienstag beschloss der Vorstand, mit einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit zu gehen, und leitete ein Amtsaufhebungsverfahren gegen den Kassierer ein.

Vor der Unterschlagung die Brandstiftung

Es ist bereits der zweite Nackenschlag mit kriminellem Hintergrund, den der VfR Birkmannsweiler binnen gut einem Jahr getroffen hat. Ende Februar 2012 brannte das Vereinsheim bis auf die Grundmauern ab, ein Racheakt des früheren Pächterehepaars, das deswegen zu Gefängnisstrafen verurteilt wurde. Erst in der jüngsten Hauptversammlung wurden die Finanzpläne für einen rund 1,5 Millionen Euro teuren Neubau einstimmig beschlossen.

An diesem Vorhaben wolle man auch trotz der jüngsten Ereignisse festhalten, wenn die Vereinsmitglieder damit einverstanden seien, sagt Klöpfer. „Allerdings sind dafür jetzt neue Wege und Ideen nötig.“ Zwar werde man natürlich alles daran setzen, den mutmaßlichen Betrüger in Regress zu nehmen. Fast die Hälfte des Geldes, das die Versicherung nach dem Brand in vier Tranchen auf das Girokonto des Vereins eingezahlt hat, ist aber zunächst einmal weg. Der Kassierer habe eine schriftliche Anweisung gehabt, einen Gutteil des Geldes möglichst gewinnbringend anzulegen, sagt Klöpfer. Dass er es auf die Spielbank tragen würde, habe man nicht voraussehen können. „Niemand hatte auch nur den Hauch einer Ahnung.“ Die Geldanlage überprüft habe man freilich auch nicht.

Aus Schaden wird man klug, aus doppeltem Schaden wohl noch ein bisschen klüger. „Zwei Dingen können Sie versichert sein“, sagt Karl-Heinz-Klöpfer, „der Brandschutz im Neubau wird mehr als penibel berücksichtigt werden, und es wird kaum eine Vereinskasse geben, die so sicher sein wird, wie die unsere.“ An einem alten Vorhaben aber will man trotz allem festhalten: Das viertägige 75-Jahr-Jubiläum im Juni soll wie geplant stattfinden. Nur der Festakt wird gestrichen. „Wir sollten nicht den Kopf in den Sand stecken“, sagt Klöpfer, „aber überbordender Jubel ist vielleicht auch nicht angebracht.“