Der VW-Aufsichtsrat muss am Freitag den Abgasskandal in den USA aufarbeiten – und einen neuen Chef suchen. Es gibt einen Favoriten und weitere Kandidaten.

Der Aufsichtsrat von Volkswagen muss sich auf seiner Sitzung, die am Freitag voraussichtlich um 11.00 Uhr beginnt, gleich mit einer ganzen Reihe von Personalien beschäftigten, die durch den Abgasskandal in den USA auf die Agenda gelangt sind. Ganz oben steht naturgemäß die Suche nach einem neuen Vorstandsvorsitzenden als Nachfolger des zurückgetretenen Martin Winterkorn.

 

Als Favorit gilt der Chef der Stuttgarter Tochtergesellschaft Porsche, Matthias Müller, der lange zum engsten Kreis um Winterkorn gehört hat und die Wolfsburger Konzernzentrale ebenso wie den gesamten Konzern hervorragend kennt. Er hat sein gesamtes Berufsleben im Volkswagen-Konzern verbracht, beginnend mit einer Werkzeugmacherlehre bei Audi. Auch seine Erfolge als Porsche-Chef (seit 2010) sprechen für den 62-Jährigen.

Ebenso im Rennen ist der amtierende Audi-Chef Rupert Stadler, der früher bei dem einstigen VW-Übervater Ferdinand Piëch Bürochef war. Er ist allerdings Betriebswirt, und das gilt im VW-Konzern als Handicap, wenn es um die Besetzung der Spitzenposition geht. Es gilt weiter die noch von Piëch formulierte Anforderung, dass der VW-Vorstandschef Techniker zu sein habe. Der neue VW-Markenchef Herbert Diess, 56 Jahre alt, erfüllt diese Voraussetzung: Der gebürtige Münchner ist promovierter Ingenieur. Allerdings fehlt ihm der Stallgeruch. Diess kam erst im Sommer von BMW zu Volkswagen.

Schon lange bei Volkswagen ist Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch. Er ist allerdings bereits 64 Jahre alt und soll außerdem den Aufsichtsratsvorsitz von dem interimistisch amtierenden Berthold Huber, dem früheren IG-Metall-Chef, übernehmen. Diese Verabredung wurde allerdings getroffen, als noch die Verlängerung von Winterkorns Vorstandsvertrag bis Ende 2018 geplant war. Als Wirtschaftsingenieur mit Führungserfahrung – er war Chef der baden-württembergischen Maschinenbauer Traub (Werkzeugmaschinen) und Dürr (Lackieranlagen) – erfüllt der gebürtige Österreicher die Voraussetzungen.

Chancen werden auch dem früheren Daimler-Vorstandsmitglied Andreas Renschler eingeräumt, der allerdings erst seit Februar 2015 bei VW ist und mit der Restrukturierung der Nutzfahrzeugsparte vor einer großen Herausforderung steht. Würde er trotz fehlender Vernetzung in der VW-Welt zum Vorstandsvorsitzenden erkoren, so entstünde bei den Lastwagen ein Loch, das der Konzern nicht ohne Weiteres stopfen könnte.

Ob der Aufsichtsrat allerdings am Freitag überhaupt eine endgültige Entscheidung trifft, ist keineswegs sicher.