Eine Gala, die einerseits eine kulturelle Eventreihe eröffnet, andererseits den 25. Geburtstag eines Müllentsorgers feiert. Kann das gutgehen?

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Sulzbach - Müll – nicht gerade das, was ein Publikum auf der Bühne sehen will. Doch am Freitag brachte genau das die Sulzbacher Festhalle zum Toben. Denn die Eröffnungsgala der Winterkulturtage 2017 im Schwäbischen Wald war gleichzeitig die Feier zum 25-jährigen Bestehen der Abfallwirtschaftsgesellschaft des Rems-Murr-Kreises (AWG). Schrott und Kultur – kann das gut gehen?

 

Der AGW-Geschäftsführer Gerald Balthasar war zuversichtlich: „Das lateinische Wort cultura bedeutet Kultur, aber auch Bearbeitung und Pflege“, erklärte er. Und auch die Menschen von der AWG trügen dazu bei, die Städte in einem gepflegten Zustand zu halten. So weit also die sprachliche Verwandtschaft von Müll und Kultur.

Recyclang machen aus Schrott Musikinstrumente

Schon der erste Act des Abends, das Ensemble „Recyclang“, bewies, dass Müll dazu taugt, richtig Stimmung zu machen. „Schrott und Fantasie“ ist das Motto des Trios. Nach eigenen Angaben haben sie etwa 15 Euro in ihre 20 Musikinstrumente gesteckt: Aus einer alten Schublade wird eine Gitarre, aus einem ausrangierten Autotank ein Kontrabass, aus Pümpeln Blasinstrumente, aus einem alten Holzrechen ein Schlagzeug. Letzter verlor erst ein paar Zacken und gab dann publikumswirksam vollends den Geist auf. Machte nichts, Ersatzinstrumente waren vorhanden. Zum Beispiel eine Heugabel-E-Gitarre, mit der die Musiker zum Höhepunkt das Jahrhundertriff „Smoke on the Water“ hören ließen. Stilecht mit Pyro-Effekten.

„Aus Müll wird Kunst – nichts anderes machen wir eigentlich“, meinten auch die beiden Mitglieder des Improvisationstheaters Q-Rage. Vom Publikum vorgegebene Wörter und Begriffe wurden zu – mal mehr, mal weniger – originellen Geschichten. Auch in denen kam immer wieder der rote Faden des Abends vor: Müll. Geschickt lassen ihn die Impro-Schauspieler immer wieder in der Handlung auftauchen.

Im wörtlichen Sinn richtig krachen ließ es das Percussion-Ensemble der Lahrer Musikschule. Als Trommeln missbrauchten sie ganz einfach Mülltonnen – mit AWG-Jubiläums-Aufdruck, versteht sich. Die Musiker bearbeiteten sie mit Sticks oder den Händen, ließen sie für einen fetten Bass-Sound ganz einfach auf den Boden krachen oder schlugen die Deckel zu – alles war erlaubt. Trotz der ungewöhnlichen Instrumente saß jeder noch so vertrackte Rhythmus.

Faszination des Morbiden

Am Ende des Abends war der Beweis erbracht: Schrott und Kultur passen zusammen. „Künstler streben eigentlich nach Perfektion. Aber ihre Inspiration beziehen sie doch oft aus dem Morbiden, Kaputten“, meinte der Landrat Richard Sigel.

Schon die Eröffnungsgala zeigte sich sehr abwechslungsreich: Im Lauf des Abends traten noch die Artisten vom Zirkus „Unartiq“, der Hutkünstler Chapeau und die Backnanger Hip-Hop-Tänzer von Jumanji auf. Wenn die Winterkulturtage 2017 das Niveau der Eröffnung halten können, kommen einige herausragende Events auf den Schwäbischen Wald zu. Die nächste der insgesamt 17 Veranstaltungen wird der Auftritt des Kabarettisten Peter Leonhard in Aspach am Freitag, 3. Februar, sein.

Mehr Infos unter www.winterkulturtage.de