Auf glatten Straßen brauchen Autofahrer Winterreifen. Experten raten, rechtzeitig zu wechseln.

Stuttgart - Von O bis O – von Oktober bis Ostern. Viel mehr als diese Faustregel ist vielen Autofahrern zum Gebrauch von Winterreifen nicht bekannt. Was wichtig ist, verraten wir Ihnen – sonst drohen nicht nur Bußgelder, sondern auch brenzlige Situationen im Straßenverkehr.

 

Darf im Winter nur mit Reifen mit M+S-Zeichen (Matsch und Schnee) gefahren werden?

Nein. Wenn die Sonne scheint und die Straße trocken ist, darf auch mit Sommerreifen gefahren werden – unabhängig davon, ob mittlerweile Dezember ist oder ob das Thermometer Plus- oder Minusgrade anzeigt. Und wer sein Auto bei Schnee, Eis und Reifglätte sowieso in der Garage lässt und mit Bus und Bahn fährt, kann auf das Aufziehen der Winterreifen auch ganz verzichten. Hierzulande gilt nämlich eine sogenannte situative Winterreifenpflicht. Das bedeutet: Nur wenn es die Straßenverhältnisse erfordern, darf ausschließlich mit Winterreifen gefahren werden. Und diese müssen – sofern sie seit dem 1. Januar 2018 hergestellt sind – zusätzlich zum M+S-Zeichen auch ein Alpine-Zeichen tragen.

Sind Bußgelder möglich, wenn Autofahrer bei Schnee mit Sommerreifen unterwegs sind?

Ja. Wer trotz glatter Straßen mit Sommerreifen unterwegs ist, wird zur Kasse gebeten: 60 Euro beträgt das Bußgeld in solchen Fällen. Zahlen muss allerdings nur, wer tatsächlich beim Fahren erwischt wird. Schreibt ein übereifriger Polizist parkende Autos auf, sollten die betroffenen Halter gegen den Bescheid Widerspruch einlegen. Zumal für das Fahren ohne Winterreifen ausschließlich der Fahrer verantwortlich ist – eine Halterhaftung gibt es hier nicht. Richtig teuer wird es bei einem Unfall: Dann droht nämlich Ärger mit der Versicherung. „Autofahrer, die bei Schnee oder Glatteis mit Sommerreifen in einen Unfall verwickelt werden, setzen ihren Versicherungsschutz zumindest teilweise aufs Spiel“, warnt Tanja Cronenberg, Schadensexpertin der Ergo-Versicherungsgruppe. „Die Kaskoversicherung kann mit dem Verweis auf grob fahrlässiges Verhalten einen Teil der Leistung verweigern.“ Auch die Kfz-Haftpflicht könne den Fahrer in Mithaftung nehmen, wenn ein Unfall auf falsche Reifen zurückzuführen ist.

Gibt es bei der Qualität der Winterreifen Unterschiede?

Ja. Das zeigt der alljährliche Test des ADAC. Mit „gut“ bewertet wurden in diesem Jahr in der Kleinwagendimension (175/65 R14) Reifenmodelle von Continental und Dunlop. Schlusslicht der zwölf Reifen in der Klasse für Renault Twingo, Ford Fiesta oder VW Up ist der chinesisch-taiwanesische Hersteller Nankang, der wegen deutlicher Schwächen auf nasser und schneebedeckter Fahrbahn ein Mangelhaft kassierte. In der Kompaktklasse (205/55 R 16) für Autos wie die Mercedes-A-Klasse oder den VW Golf schafften neben Continental und Dunlop auch Goodyear-Reifen ein Gut, am Tabellenende landet der Laufenn (Zweitmarke des bekannteren Hankook) mit einer nur „mangelhaften“ Performance vor allem bei Nässe. Der Preis gibt keinen Hinweis auf die Qualität: Der Michelin Alpin 5 und der Pirelli Cinturato Winter, beides Reifen aus der Premiumpreisklasse, rangieren in der Testtabelle nur im mittleren oder hinteren Bereich. Generell gilt: Vor dem Winterreifenkauf „sollte man sich fragen, wo die persönlichen Präferenzen bei einem Winterreifen liegen – eher beim Grip auf Eis und Schnee oder eher beim Verbrauch und Verschleiß“, erklärt Reinhard Kolke, der Leiter des ADAC-Technikzentrums.

Was sollten Autofahrer beachten, die ihre Winterreifen online bestellen?

Grundsätzlich rät der ADAC bei solchen Einkäufen zu besonderer Vorsicht. Denn nicht immer bekomme der Verbraucher dort wirklich ein fabrikneues Produkt. „Die Vielzahl der Reifenformate zwingt den Handel zu rationeller Lagerhaltung. Dies hat zur Folge, dass auch gut abgelagerte Reifen über den Tresen gehen“, sagt der ADAC-Experte Kolke. Frischer Gummi sei aber am griffigsten, älter als drei Jahre sollte ein Reifen beim Kauf daher nicht sein. Das Produktionsdatum lässt sich auf der Reifenseitenwand ablesen: Die ersten beiden Ziffern der vierstelligen Nummer im Oval zeigen die Produktionswoche, die letzten beiden Ziffern das Produktionsjahr.

Wann müssen Winterreifen ersetzt werden?

Der ADAC empfiehlt eine Mindestprofiltiefe von vier Millimetern. Nachmessen lässt sich das mithilfe eines Zwei-Euro-Stücks: Verschwindet der silberne Rand im Profil, ist es noch tief genug – wenn nicht, sollten lieber neue Reifen gekauft werden. Ein Bußgeld riskiert man hier jedoch noch nicht: Gesetzlich vorgeschrieben ist bei allen Reifen – im Sommer wie im Winter – lediglich eine Profiltiefe von 1,6 Millimetern. Zum eigenen Schutz und dem der anderen Verkehrsteilnehmer sollte man sich aber nicht allzu nah an diesem Grenzwert orientieren.

Wie sollten Autofahrer bei Schnee und Eis am besten fahren?

„Bei Glätte ändert sich das Lenkverhalten des Autos“, erklärt Ergo-Expertin Cronenberg. „Außerdem wird der Bremsweg deutlich länger.“ Als Grundregel gilt daher, bei Schnee und Eisglätte möglichst langsam und mit hohem Sicherheitsabstand zu vorausfahrenden Fahrzeugen zu fahren. Sinnvoll ist es auch, frühzeitig in den nächsthöheren Gang zu schalten, um ein Durchdrehen der Antriebsräder zu vermeiden. Zudem sollte man etwas versetzt von den eingefahrenen Spuren fahren, weil die Spurrillen oftmals schnell einfrieren. Neben ihrem Fahrverhalten sollten Autofahrer zudem den Füllstand des Frostschutzmittels im Auge behalten. Denn dann bleiben die Scheibenwischer auch bei Minusgraden funktionstüchtig.