Für Urlauber ist der Skitourismus das reine Vergnügen – für Liftbetreiber, Hoteliers und Geschäftsleute im Schwarzwald dagegen ist die Wetterlage ein ständiges Wechselbad zwischen ordentlichen Einnahmen und großem Risiko.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Feldberg - Er ist wieder da – der Schnee der letzten Tage hat im Schwarzwald für neue Hoffnung gesorgt, dass es doch noch zu einem halbwegs einträglichen Skibetrieb kommen könnte. Denn ausgerechnet im Jubiläumswinter, in dem man 125 Jahre Skilauf feiert, hat der Winter nicht so richtig mitgespielt. Es lag kein Schnee über Weihnachten und Neujahr, nicht einmal auf dem „Höchsten“, dem 1493 Meter über dem Meer liegenden Feldberg.

 

Erst nach Dreikönig fielen die Flocken. Und auch danach ging es mit Regen, Sonne und Nebel durch ein Wechselbad der Gefühle. „Wir hatten sehr viele Schlechtwettertage“, klagt der Feldberger Bürgermeister Stefan Wirbser (51). Weihnachten ohne Schnee hat er in 20 Jahren Bürgermeisteramt in Feldberg erst zum dritten Mal erlebt. Der historische Abfahrtslauf am Seebuck am 21. Februar wurde praktisch vom Nebel verschluckt.

„Es wird dieses Mal kein Rekordjahr“, vermutet der Optimist Wirbser, der zugleich Präsident des Schwarzwälder Skiverbandes und des Liftverbunds Feldberg ist. „Aber bis Ostern werden wir das noch packen.“ Doch niemand weiß, wie die letzten 40 Tage der Saison noch ablaufen werden. Für einen Liftverbund wie dem Feldberger mit 38 Anlagen an 63 Kilometern Piste steht viel auf dem Spiel. Für tiefer gelegene Lifte geht es sogar um die Existenz. Der Liftverbund Feldberg macht jedes Jahr zwischen sieben und neun Millionen Euro Umsatz, um kostendeckend zu arbeiten braucht es 80 ordentliche Betriebstage. In guten Jahren sind es 160, im Schnitt 134 Tage. Allein am Verbund hänge Arbeit für 2000 Menschen, betont Wirbser: Servicepersonal, Techniker, Skilehrer, Zulieferer. Die Investitionen sind hoch. Die Erneuerung der 1200 Meter langen Zeiger-Bahn verschlang zehn Millionen Euro. Das neue Parkhaus hat 15 Millionen Euro gekostet und wird nun von den Liftbenutzern mitfinanziert.

Hotels und Gastronomie haben den fehlenden Schnee kompensiert

Erstaunlich gut haben Gastronomie und Hotellerie den schneearmen Winter verkraftet. Es gibt zur Vermeidung von Langeweile Alternativen zur Piste, das nahegelegene Spaßbad am Titisee etwa oder die Shoppingzentren in Freiburg und Basel. Deutlich spüren die Ausfälle Skilehrer und Skiverleiher. „Das Weihnachtsgeschäft ist praktisch ausgefallen, und dieses Loch können wir in dieser Saison nicht mehr stopfen“, befürchtet Trixi Laber (48), Geschäftsführerin des Sporthauses Feldberg. „Nach Ostern ist die Saison quasi vorbei“, weiß die Geschäftsfrau aus Erfahrung. „Es kann meterhoch Schnee liegen, die Leute wollen aber nicht mehr Skifahren, wenn im Tal der Frühling blüht.“ Und das tut er in der Rheinebene schon ein wenig.

Während der Feldberg noch einigermaßen schneesicher ist und fast 80 Prozent des Wintertourismus trägt, schauen andere Regionen immer öfter auf schneefreie Wiesen. „Unterhalb von tausend Metern haben die Liftbetreiber ein Problem – nicht erst seit diesem Jahr“, räumt Volker Haselbacher von der Hochschwarzwald-Tourismus-Gesellschaft ein. Es ist zu warm, nur selten können sie mit Schneekanonen Pisten präparieren. Für die Masse der Skibegeisterten zählt die große Kulisse. „Man fährt dahin, wo nicht nur die Piste weiß ist, sondern auch der Wald und die Gegend drum herum“, erklärt Haselbacher. Und nur ein, zwei Pisten sind langweilig, Touristen lieben den Skizirkus mit vielen Abfahrten. „Ja, viele Leute fahren an uns vorbei“, klagt Ernst Boll, Liftbetreiber und Geschäftsführer des Skigebiets Münstertal-Wieden unterhalb des Belchen. „Sogar die vom Wiesental fahren weiter zum Feldberg.“ Vorbei am zweitgrößten Skigebiet des Südschwarzwalds mit Pisten zwischen 880 bis 1240 Metern über dem Meer. Der Heidstein-Skilift ist mit der Schlepplänge von 1300 Metern sogar einer der längsten Skilifte Deutschlands. Aber es fehlt an vielem, etwa an der Gastronomie. Wer zum Wiedener Eck geht, tut es, um Ski zu fahren ohne lange am Lift anstehen zu müssen. Die Tageskarte ist mit 25 Euro einen Zehner günstiger als am Feldberg. „Dieser Winter ist eine Katastrophe“, seufzt Liftbetreiber Boll.

Wenn die Einnahmen ständig fehlen, wird es schwierig

Schon in den letzten Jahren habe man sich „von Ast zu Ast gehangelt“, aber irgendwann werde es sehr schwer, das Geld für die laufenden Kosten aufzubringen, wenn die Einnahmen fehlen. Seit 40 Jahren schießt Boll mit ein paar anderen Privatleuten Geld zu, für Pacht, Tüv, Strom und Anlagen. Der Versuch, die Gemeinden ins Boot zu holen, war bisher erfolglos. „Sechzig Lifttage, dann sind wir aus dem Schneider“, sagt Boll und klopft auf Holz. „Und vielleicht wird ja der nächste Winter wieder besser.“

Man setzt auf das Prinzip Hoffnung

Wie lange kann das Prinzip Hoffnung noch aufgehen? „Das weiß keiner“, winkt Boll ab. Auch die Wetterfrösche und Klimaforscher nicht, die zwar registrieren, dass die Temperaturen steigen. Doch die negativen Prognosen über das Ende des Wintersports in Mittelgebirgen und die beschwichtigenden Gegendarstellungen wechseln sich ab.

Zumindest für das kommende Jahrzehnt seien „keine belastbaren Aussagen zur konkreten Veränderung der Schneesicherheit im deutschen Alpenraum und den höher gelegenen Mittelgebirgen möglich“, schrieben die Professoren Ralf Roth und Tobias Luthe – Sport- und Tourismusexperten aus Köln und Chur – Anfang 2015 in einem Beitrag für den Schwarzwaldverein. Das Glücksspiel mit dem Schnee geht also vorerst weiter.