Die deutschen Fußball Nationalspieler llkay Gündogan und Mesut Özil treffen den türkischen Präsidenten. DFB-Präsident Reinhard Grindel kritisiert sie scharf dafür.
London - Dass Politiker die Nähe zum Fußball suchen sollen, bekommen sie von ihren Wahlkampfberatern immer wieder zu hören. Das suggeriert Bodenständigkeit, verspricht Sympathiepunkte und befriedigt dazu auch noch die Eitelkeit. Politische Brisanz haben solche Treffen in der Regel aber nicht.
Das sieht anders aus, wenn sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan mit den deutschen Nationalspielern Mesut Özil und Ilkay Gündogan trifft. Erdogan nutzte dazu am Montag einen Englandbesuch und ließ sich mit den Stars vom FC Arsenal und von Manchester City im Londoner Hotel Four Seasons öffentlichkeitswirksam ablichten. Die Fotos, auf denen neben Erdogan, Özil und Gündogan auch Evertons deutsch-türkischer Profi Cenk Tosun zu sehen ist, wurden sogleich über den Twitter-Kanal der Regierungspartei AKP in Umlauf gebracht. Auf ihnen zeigt sich Ilkay Gündogan ungewohnt mit Schnauzbart, der jenen des Präsidenten an Dichte deutlich übertrifft.
Die Fußballer hatten Erdogan als Geschenke Trikots ihrer englischen Teams mitgebracht. Auf Gündogans Mitbringsel stand sogar: „Mit großem Respekt für meinen Präsidenten.“
Ilkay Gündogan besitzt sowohl die deutsche als auch die türkische Staatsbürgerschaft. Mesut Özil hingegen hat nur einen deutschen Pass. Wie Gündogan hatte er sich zu Beginn seiner Profikarriere dafür entschieden, für die deutsche Fußballnationalmannschaft zu spielen, während die Wahl von Cenk Tosun auf das Land seiner Eltern fiel.
Özdemir: „Geschmacklose Wahlkampfhilfe“
Das Mannschaftsfoto mit Erdogan wird im direkten Zusammenhang mit den vorgezogenen Präsidentschaftswahlen in der Türkei am 24. Juni gesehen. Der ehemalige Bundesvorsitzende der Grünen, Cem Özdemir, erkennt in den Bildern eine „geschmacklose Wahlkampfhilfe“ und rät den Spielern, sie sollten ganz schnell die Begriffe Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nachschlagen. Die Diskussion über die äußerst angespannten diplomatischen Beziehungen zur Türkei ist nun auch mit voller Wucht in der deutschen Fußballnationalmannschaft angekommen.
Im Kader von Bundestrainer Joachim Löw für die anstehende Fußballweltmeisterschaft in Russland gelten Özil und Gündogan als gesetzt. Mit dem Foto dürften nun die Stimmen lauter werden, die den beiden Mittelfeldspielern vorwerfen, sich allein aus persönlichen Karrieregründen für die deutsche Nationalmannschaft entschieden zu haben. Für den viermaligen Weltmeister zu spielen lässt den eigenen Marktwert schließlich steigen. Eine Entscheidung für die Türkei hätte dagegen weniger internationale Aufmerksamkeit und in der Folge auch geringere Verdienstmöglichkeiten bedeutet. Zuletzt hat eine türkische Fußballnationalmannschaft 2002 an einer Fußball-WM teilgenommen.
Die Fotos werfen diesmal am Beispiel von hoch bezahlten Fußballern die Frage nach der Integration von hierzulande aufgewachsenen Deutschtürken auf, denen Ankara um ein Vielfaches näher zu liegen scheint als Berlin. „Der Integrationsarbeit des Deutschen Fußball-Bunds haben unsere Spieler mit dieser Aktion sicher nicht geholfen“, sagt DFB-Präsident Reinhard Grindel. „Unser Verband steht für Werte, die von Herrn Erdogan nicht hinreichend beachtet werden. Es ist nicht gut, dass sich unsere Nationalspieler für seine Wahlkampfmanöver missbrauchen lassen.“