Der britische Thronfolger, Prinz Charles, befeuert gerne mit provozierenden Äußerungen die öffentliche Debatte. Enthüllungen zeigen: Auch beim umstrittenen Thema Schulreform vertritt er ganz eigene Ansichten.

London - Diese Woche verbringt der britische Thronfolger wieder einmal dort, wo er dem Namen nach hingehört. Der Prinz von Wales tourt mit seiner Gattin Camilla durch den Westen der britischen Insel, probiert bei einem Fabrikbesuch ein Stückchen Käse, präsidiert einer Feier zum 100. Geburtstag des Dichters Dylan Thomas. Die müden Häupter legen die Königlichen Hoheiten in ihrem Anwesen mit dem klangvollen Namen Llwynywermod nieder.

 

So weit, so idyllisch, wären da nicht die Schlagzeilen der Londoner Zeitungen. Allesamt widmen sie einer BBC-Sendung breiten Raum: Darin berichten frühere Labour-Minister von Wortmeldungen des Thronfolgers während ihrer Regierungszeit zwischen 1997 bis 2010. Für Aufsehen sorgt besonders Ex-Bildungsminister David Blunkett: Ihm zufolge drang Prinz Charles hinter verschlossener Tür auf eine Rückkehr der Grammar Schools, dem englischen Äquivalent des Gymnasiums – ein hochkontroverses Thema in der britischen Schulpolitik, wo sich bis heute die Klassenkämpfer austoben. Der Palast selbst hüllt sich dazu in Schweigen.

Wie im Kriegsgefangenenlager

Dass der 65-Jährige Thronfolger klare Meinungen hat und sich auch nicht scheut, diese öffentlich auszusprechen, wussten die Briten schon. Der am längsten amtierende Kronprinz Englands profiliert sich gern als Schutzpatron von Minderheiten ebenso wie als Sprachrohr der schweigenden Mehrheit. Während Königin Elizabeth II eine gemäßigte Konservative sei, stecke im Prinzen ein „radikaler Grüner“, urteilte vor Jahren The Economist. Aber auch ein Schulreformer?

Bisher kannte man nur Charles’ offenbar wenig erfreuliche Erinnerungen an seine eigene Schulzeit. Die verbrachte der Prinz im schottischen Internat Gordonstoun, das Leben dort ähnelte, so Charles, „einem Kriegsgefangenenlager mit Schottenkaro“. Vielleicht sehnte sich der vielgehänselte Knabe damals nach einem ganz normalen Gymnasium – ob er freilich die harte Aufnahmeprüfung bestanden hätte, wagen Kritiker der Monarchie zu bezweifeln. „Man hätte nicht gedacht, dass er eine Auswahl nach Fähigkeit und Leistung befürwortet“, teilte ein Londoner Witzbold auf Twitter mit. Vielleicht sollte sich der Thronfolger in Zukunft doch auf walisische Käsehäppchen beschränken.