Eigentlich geht es nur um einen Radweg, doch selten wurde in Ludwigsburg so erbittert um eine Entscheidung gerungen. Am Mittwoch soll endgültig entschieden werden. Für den Fall, dass der Verwaltungsvorschlag durchfällt, hat der OB vorsorglich sein Veto angekündigt.

Ludwigsburg - Angesichts des zähen und mitunter heftigen Streits, der seit zwei Jahren wegen der Marbacher Straße geführt wird, könnte man leicht vergessen, dass es eigentlich nur um einen Radweg geht. Doch die ÖPNV-Initiative ist mittlerweile zu einem Politikum geworden, das jetzt noch durch ein – zumindest für Ludwigsburg – verwaltungsrechtliches Novum bereichert wurde: Für den Fall, dass sich der Gemeinderat am Mittwoch, wenn das Thema erneut auf die Tagesordnung kommt, gegen den Radweg entscheidet, hat Oberbürgermeister Werner Spec schon mal sein Veto angekündigt.

 

Der etwas über einen Kilometer lange Radweg soll beiderseits der Marbacher Straße verlaufen. Um den Platz dafür zu erhalten, muss die Fahrbahn für die Autos konsequent auf eine Spur in jede Fahrtrichtung reduziert werden – bisher ist die Marbacher Straße abschnittweise doppelspurig. Die Kritiker des Projekts – vor allem die Mitglieder der Freien Wähler und der CDU – befürchten, dass es deshalb vermehrt zu Staus kommen wird. Außerdem sind sie der Ansicht, dass der Radweg nicht funktionieren werde, weil er nicht attraktiv genug sei. Ihr Vorschlag lautet darum: Wir markieren den Radweg provisorisch und wissen dann in einem Jahr, ob er angenommen wird.

OB kündigt sein Veto an

Der Radwegbeschluss ist seit 2015 mehrmals getroffen, aber auch mehrmals wieder gekippt worden. Zuletzt hatten sich die Kritiker in einer Sitzung des Bauausschusses durchgesetzt und für ein Provisorium votiert. Vor der anstehenden Sitzung im großen Gremium hat die Verwaltung nun den Fraktionen mitgeteilt, dass das Ja zu einer Zwischenlösung gesetzeswidrig sei. Denn eigentlich hätte der Ausschuss nur über die Vergabe der Arbeiten für den Komplettausbau abstimmen dürfen, da der im Grundsatz schon 2016 beschlossen und im Frühjahr ausgeschrieben worden war.

Falls jedoch auch der Gemeinderat am Mittwoch wie der Ausschuss entscheide, verstoße er gegen die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB). Für die Stadt habe das finanzielle und juristische Konsequenzen, weshalb der Oberbürgermeister widersprechen müsse. „Die Verwaltung empfiehlt aufgrund dieser Erkenntnisse die direkte Umsetzung des endgültigen Ausbaustandes“, heißt es in der elfseitigen Erklärung der Verwaltung.

FW-Stadträtin Gabriele Moersch nennt das Vorgehen der Verwaltung „brachial“. Diese Argumentation sei wenig überzeugend. „Wir bleiben bei unserer Haltung. Wir haben so viel Rückmeldungen von Bürgern aus Neckarweihingen, der Neckar- und der Marbacher Straße, die diesen Radweg nicht wollen.“ Offenbar wolle man das Projekt mit allen Mitteln durchboxen, meint Andreas Rothacker (FW). Er zweifelt die Zahlen der Verwaltung an, mit denne vorgerechnet wird, dass ein provisorischer Radweg 1,4 Millionen Euro, aber der Komplettausbau weniger als eine Million Euro kosten werde. Und Rothacker stellt die Frage nach der Entscheidungshoheit des Gemeinderats: „Wozu sollen wir etwas entscheiden, wenn der OB sagt, die Abstimmung müsse in seinem Sinn ausgehen?“

Auch Elga Burkhardt (Lubu), die sich im Bauausschuss für ein Provisorium ausgesprochen hat, bleibt bei ihrer Haltung: „Es gibt zu viele Unbekannte in dieser Planung. Es wäre das erste Mal, dass es einen Straßenrückbau für einen Radweg gebe.“ Da könne eine Testphase nur hilfreich sein. Seine Fraktion halte sich alle Optionen offen, sagt Klaus Herrmann (CDU). „Wir haben für das Provisorium gestimmt. Jetzt werden wir uns nochmals vor dem Hintergrund der Mitteilung des OB beraten.“

Neckarbrüche bleibt Nadelöhr

Ein Radweg als Zwischenlösung sei völlig abwegig, meint Markus Gericke (Grüne). Stattdessen sollten sich die Gegner des Radwegs an der Marbacher Straße lieber zu einem klaren Nein bekennen. „Aber dazu fehlt ihnen der Mut“, sagt Gericke. Er gehe dennoch davon aus, dass am Mittwoch „die Vernunft siegen wird“. Es gebe ausreichend viele und gute Gründe, weshalb man nach langer und reiflicher Diskussion diese Lösung entwickelt habe. Die Mitteilung der Verwaltung trage hoffentlich zur Klärung der Situation bei, sagt Johann Heer (FDP). Über ein Provisorium hätte man vielleicht zu einem sehr viel früheren Zeitpunkt in der Planungsphase reden können, jetzt sei es zu spät: „Ich bin überzeugt, dass es ein guter Radweg wird.“ Margit Liepins (SPD) wünscht sich ein Ende der „unwürdigen Diskussion“. Eine Interimslösung schaffe eine völlig verkorkste Situation. Davon könne niemand im Ernst ablesen, ob der Radweg funktioniere. Schade findet sie, dass das Land die Neckarbrücke nur sehr eingeschränkt saniert. „Damit wird hier immer eine Engstelle bleiben.“