Darf’s noch etwas Wurm sein? Insekten werden als Lebensmittel immer beliebter. Ein Wirt aus Ludwigsburg bietet statt Croûtons auch die gerösteten Krabbler in seiner Salatbar an.

Digital Desk: Felix Frey (fog)

Ludwigsburg - Wovon sich die Dschungelcamp-Stars in Australien zu Jahresbeginn noch zeternd abwandten, das ist in Deutschland auf dem Vormarsch. Besser gesagt, es krabbelt voran: Die Rede ist von Insekten als Lebensmittel. Was viele Menschen abstößt, ist in anderen Ländern selbstverständlich. In Mexiko isst man mit Schokolade überzogene Heuschrecken. In Japan kocht man Wespenlarven. Weltweit verspeisen mehr als zwei Milliarden Menschen Insekten. Und auch in Ludwigsburg kann man sich Wurm und Co. kredenzen lassen.

 

Frank Seidel erkannte den Trend schon 2015. Er bietet in seiner Salatbar neben Brot-Croûtons auch Grillen und Mehlwürmer an. Sein Rezept-Spezialtipp: „Ohne Öl ein bis zwei Minuten anrösten und über den Salat geben.“ Seidel freut sich, dass sein Salat-Topping ankommt. Manchmal kann er selbst kaum glauben, wer von seinen Kundinnen und Kunden sich für die Krabbel-Beilage begeistert: „Da kommt schon mal eine Oma, bestellt ihre Ofenkartoffeln und kippt sich noch einen Löffel Mehlwürmer drüber.“ Überhaupt habe er fast jeden überzeugen können, mal zu probieren. Die Belegschaft hat schon gekostet, neugierige Gäste auch. Nur seine Frau konnte er noch nicht überzeugen.

Die Insekten kommen im 300-Gramm-Beutel

Zum Sortiment gehören Grillen, Buffalo- und Mehlwürmer. Die Grillen haben einen ähnlichen Geschmack wie Puffreis und sind auch vergleichbar knusprig – deshalb sind sie Frank Seidels Lieblingssnacks. Die Würmer haben eine mehlige Konsistenz, die Buffalowürmer eine etwas salzigere Note.

Wer Mahlzeiten mit den Tierchen zubereiten will, muss tief in die Tasche greifen: Rund 25 Euro kosten 100 Gramm Mehlwürmer, wenn man sie übers Internet bestellt. Was bei Frank Seidel auf den Tisch kommt, bezieht er über einen Lieferanten aus Norddeutschland. Dessen Ware wird nach eigenen Angaben ausschließlich in Europa produziert. Die Insekten kommen gefriergetrocknet in 300-Gramm-Beuteln in Ludwigsburg an.

Neben Brutstätten in den Niederlanden gibt es zum Beispiel auch einen Produzenten in Marbach-Rielingshausen. Bei Fauna Topics – das Unternehmen züchtet unter anderem Heimchen und Wüstenheuschrecken – werden die Insekten allerdings als Lebendfutter für Frösche und Echsen verkauft. Um die Tiere für Menschen auf den Esstisch zu bekommen, müssen sie „geschlachtet“ werden.

Und wie geschieht das? Frank Seidel berichtet: „Die Tiere sind wechselwarm. Senkt man die Temperatur, verlangsamt sich ihr Stoffwechsel und die Winterstarre tritt ein. Ist es kalt genug, kommt der Stoffwechsel komplett zum Erliegen, und die Insekten wachen nicht mehr auf.“

Die Kundschaft hält sich noch zurück

Etwa vier- bis fünfmal am Tag wird in Seidels Salatbar ein Gericht mit Insekten bestellt. „Wir wollen vornehmlich Salat verkaufen. Die Insekten sind ein nettes Extra, deshalb ist diese Menge vollkommen in Ordnung“, sagt er lachend. Dennoch könnte sie sich künftig steigern: Insekten gelten als vitaminreiche Proteinquellen. Sie haben einen deutlich höheren Proteinanteil als Fleisch und verbrauchen hochgerechnet viel weniger Ressourcen als Rinder oder Schweine, informiert die Verbraucherzentrale auf ihrer Website.

Weil sie wechselwarm seien, sagt Frank Seidel, müssten sie keine Energie darauf verwenden, die Körpertemperatur zu halten. Angesichts der Klimakrise, vermutet er, seien diese Faktoren relevant – und Insekten unter dem Aspekt „ressourcensparende Lebensmittel“ die Zukunft.