In der Krone in Waldenbuch erhielt Patrick Giboin einen Michelin-Stern. Trotzdem zögerte er keine Sekunde, als er gefragt wurde, ob er das Fässle in Degerloch übernehmen will – trotz der täglichen Arbeitszeiten von 9 bis 23 Uhr.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Degerloch - Sterneküche muss nicht teuer sein. So bekommt man mittags im Restaurant Fässle an der Löwenstraße in Degerloch eine Vorspeise, einen Hauptgang und einen Nachtisch für insgesamt 24 Euro. Zwar hat das Fässle – bisher – keinen Michelin-Stern, allerdings wurde der französische Koch und Wirt Patrick Giboin in seiner vorigen Arbeitsstätte, der Krone in Waldenbuch, mit der besonderen Ehrung ausgezeichnet.

 

Giboin kochte bereits im Cube am Schlossplatz

„Ich habe nie auf einen Stern hingearbeitet, ein Koch hat wichtigere Aufgaben als das“, sagt Giboin. Trotzdem habe er sich natürlich über die Auszeichnung im Jahr 2013 gefreut. „Durch sie kamen Gäste, die sonst nie gekommen wären. Die Krone ist dadurch sehr bekannt geworden“, sagt Giboin. Vor einem guten Jahr wurde er dann vom Hausbesitzer des Fässles angefragt, ob er sich vorstellen könne, nach Degerloch zu wechseln. „Ich musste keine Sekunde lang überlegen. Ich habe vor einigen Jahren schon einmal als Souschef im Fässle gearbeitet, und mir hat es dort sehr gut gefallen“, sagt Giboin.

Der 45-Jährige kam 1992 nach seiner Kochlehre aus dem französischen Montargis nach Deutschland. Zunächst arbeitete Giboin in dem französischen Restaurant Ochsen in Karlsruhe, später ging es zum Europäischen Hof nach Heidelberg. Im Jahr 1999 kam Giboin dann nach Stuttgart. „Damals wurde die Zirbelstube im Hotel am Schlossgarten wieder eröffnet, und ich fing dort als Koch an“, sagt Giboin. Einige Zeit später wechselte er als Küchenchef in das hochkarätige Restaurant Cube im Kunstmuseum. „Doch ich wollte mehr entscheiden und selbstständig arbeiten“, erläutert er. Aus diesem Grund übernahm er als Wirt zunächst die Krone in Waldenbuch und 2016 das Fässle.

Nicht nur Franzosen geben Geld für gutes Essen aus

„Als Wirt hat man einen viel persönlicheren Kontakt zu seinen Gästen, das schätze ich sehr“, sagt Giboin. Trotzdem verbringe er nach wie vor die meiste Zeit am Herd. „Zwischen 9 und 14 Uhr sowie ab 17.30 Uhr stehe ich in der Küche“, sagt er. Zwischendurch kümmere er sich um die Verwaltung und den Einkauf. Und vor 23 Uhr gehe er in der Regel nicht nach Hause: „Meine Frau und meine drei Kinder sehe ich morgens. Ich stehe um 6.30 Uhr auf und frühstücke mit ihnen, anschließend bringe ich meine Kinder zur Schule“, sagt er.

Dann dürfte sich nur noch die Frage stellen, ob es genügend Menschen gibt, die regelmäßig im Fässle einkehren – schließlich ist es eben doch etwas teurer als andere Restaurants in Degerloch. „Das Vorurteil, dass Deutsche im Gegensatz zu Franzosen kein Geld für Essen ausgeben, stimmt so nicht mehr. Auch Deutsche schätzen heutzutage gutes Essen“, sagt Giboin. Zudem habe das Fässle viele Stammgäste. „Und diejenigen, die kommen, wissen auch, dass das Gemüse jeden Tag vom Markt kommt, der Großteil des Fisches aus Frankreich und wir alles frisch zubereiten. Aus diesem Grund sind unsere Gäste auch bereit, nicht nur auf einen möglichst geringen Preis zu achten“, meint Giboin.