In einer Serie stellen wir die Wirte auf den Fildern vor. Dieses Mal haben wir hinter die Kulissen der Schwedenscheuer in Echterdingen geschaut. Der Inhaber Ulrich Binanzer hat seinen Job seinerzeit an den Nagel gehängt, um die Gastronomie seines Vaters zu übernehmen.

Echterdingen - Es war ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt, als Ulrich Binanzer die Schwedenscheuer vor 18 Jahren von seinem Vater übernommen hat. Viele Restaurants litten unter der Währungsumstellung zum Euro, nicht wenige mussten den Betrieb einstellen. Auch in der Schwedenscheuer brachen die Gästezahlen massiv ein. „Die Menschen waren skeptisch, weil sie versteckte Preissteigerungen befürchtet haben“, sagt Binanzer. „Das war sehr frustrierend und ich habe überlegt, ob ich alles hinwerfe und in meinen alten Beruf zurückkehre.“

 

Ulrich Binanzer ist nämlich gelernter Elektriker. Als sein Vater 1995 operiert werden und deshalb in der Wirtschaft kürzer treten musste, hing Ulrich Binanzer seinen Job in einer Echterdinger Firma an den Nagel und übernahm mit seinem Bruder die Leitung des Restaurants. Nach eineinhalb Jahren kehrte er zunächst wieder in seinen einstigen Elektriker-Beruf zurück, während der Bruder die Schwedenscheuer leitete. Als sein Bruder im Jahr 2000 auf die Alb zog, übernahm Ulrich Binanzer schließlich die alleinige Leitung des Restaurants. Und nach einer langen Durststrecke zur Jahrausendwende ging es dann auch mit den Gästezahlen wieder bergauf.

Der Chef übernimmt mitunter auch den Spüldienst

„Ich bin ein Kämpfertyp. Mich hat der Ehrgeiz gepackt, das Restaurant, das mein Vater mühsam aufgebaut hat, wieder zum Laufen zu bringen“, sagt Binanzer. Die Speisekarte seines Vaters unterzog Ulrich Binanzer nach seiner Übernahme einer Radikaldiät. Internationale und exotische Speisen wurden kurzerhand aus der Karte verbannt. Stattdessen setzte der aus dem Bodenseekreis stammende Ulrich Binanzer auf landestypische schwäbische Hausmannskost wie Flädlesuppe, Maultaschen, Spätzle oder Rostbraten. „Die vielen Touristen und Messegäste kommen zu uns, weil sie in uriger Atmosphäre Schwäbisch essen wollen“, so der Wirt.

Zur Mittags- und Abendzeit brummt die denkmalgeschützte Scheuer. Dann packt der Chef überall dort mit an, wo Hilfe benötigt wird. „Ich sehe mich als Teil des Teams und bin vielseitig einsetzbar“, sagt Binanzer. Neben der Verwaltung des Lokals übernimmt der Wirt deshalb oft auch den Spüldienst, hilft im Service oder Ausschank aus. „Und wenn einer der beiden Köche ausfällt, schnippel ich auch Zwiebeln und Gemüse und schabe Spätzle“, so der 51-Jährige. Auch sein einstiger Beruf als Elektriker kommt dem Geschäft zugute. „Vieles kann ich selbst reparieren“, sagt er. Aufgrund seiner Vielseitigkeit nennen ihn seine Stammkunden liebevoll „alter Schwede“. „Dabei kann ich gar kein Schwedisch“, sagt Ulrich Binanzer lachend.

Erbaut wurde die Schwedenscheuer vermutlich von einem Schweden

Dass er seit nunmehr 18 Jahren Chef der Schwedenscheuer ist, sei rückblickend ein besonderer Glücksfall gewesen. „Wir profitieren sehr von der Einzigartigkeit des Gebäudes“, sagt Binanzer. Die Scheuer sei ein Schmuckstück. Erbaut wurde die Fachwerkscheuer im nordischen Stil mit steilem Mansardendach und Rundbogentor im Dreißigjährigen Krieg. Erbauer war der Überlieferung zufolge ein schwedischer Soldat, der in der Schlacht bei Nördlingen 1634 verwundet wurde. Nach seiner Genesung hatte sich dieser in Echterdingen niedergelassen und die Scheuer errichtet.

„Wir haben Gäste aus aller Welt, die sich für die Architektur und die Geschichte des Hauses interessieren“, berichtet Ulrich Binanzer. Neulich sei eine Gruppe aus Schweden zu Gast gewesen. „Die waren ganz erstaunt, dass es keine Köttbullar gibt“, sagt der Wirt. Stattdessen orderten die Schweden schwäbischen Zwiebelrostbraten mit Filderkraut und Spätzle.