Der Mittagstisch ist ein umkämpfter Geschäftszweig, auch weil es heuer selbst beim Bäcker warme Mahlzeiten gibt. Zwei Wirte aus Degerloch erzählen, warum sich der Pausenhunger der anderen für sie nicht mehr rentiert hat.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Degerloch/Hoffeld - Die Schwäbischen Krautspätzle mit Speck ziehen. Fast jede Nische ist an jenem Mittag um 13.30 Uhr im Degerlocher Holzkrug besetzt. Krautspätzle und vorweg eine Champignoncremesuppe, alles zum Preis von sechs Euro fünfzig. Robert Poljak ist gut beschäftig – die Gäste haben wenig Zeit, sie sind beim Mittagstisch, und die Arbeit wartet nicht.

 

Mittage wie jener, an denen Poljak kaum Zeit findet, sich selbst kurz zu seiner Apfelschorle zu setzen, sind selten geworden im Holzkrug. Früher habe er täglich über 100 Mittagstischportionen aus der Küche getragen, der Pausenhunger der anderen habe ihm ein Drittel seines Umsatzes beschert. Das ist vorbei. An schlechten Tagen verkauft er 15 Essen. Auch weil ihm dieses nicht ganz unwichtige Standbein weggebrochen ist, sagt Robert Poljak dem Holzkrug nun Adieu: Er hat eine Sportgaststätte in Zuffenhausen übernommen.

Ähnliche Probleme mit dem Mittagsgeschäft

Warum sich Degerloch für ihn nicht mehr rentiert hat, kann Poljak wegen der gefragten Krautspätzle nur mit Unterbrechungen erzählen. Mit am Tisch sitzt aber Rüdiger Spahr, und der hatte mit dem Mittagsgeschäft ähnliche Probleme. Er führt zwei Wirtschaften an der Hohen Eiche, das Vereinslokal des SV Hoffeld und das der HTC Stuttgarter Kickers. Mittagstisch gibt’s bei ihm seit zweieinhalb Jahren nicht mehr. Die Rechnung ging nicht mehr auf.

Dabei hatte Rüdiger Spahr, der gelernter Automechaniker ist, ein ausgeklügeltes System entwickelt. Seinen kulinarischen Wochenplan – das Hauptgericht für 6,90 Euro – hat er per Mail an Firmen im Gewerbegebiet Tränke versandt, er hatte zwei Dutzend Firmen im Verteiler. Die Gäste konnten sich per Mail ankündigen, dann stand das Lieblingsgetränk schon auf dem Tisch, wenn die Jacke noch nicht abgelegt war. Zeit ist wertvoll am Mittag, manche hätten nur eine halbe Stunde Pause gehabt, sagt der Wirt. Da habe das dann folgendermaßen funktioniert: „Kittel aus, gegessen, gezahlt, Kittel an.“

Die Konkurrenz schläft nicht

In den besten Zeiten habe er bis zu 80 Mittagessen verkauft, erzählt Spahr. „Und wenn ich auf der Terrasse gegrillt habe, dann hatte ich 120 Essen“, erzählt er. „Da bin ich mit dem Fleischumdrehen gar nicht hinterher gekommen.“ So ging das die ersten vier, fünf Jahre. Doch dann gerieten Steinchen ins Getriebe. Die Konkurrenz schläft nicht. Die Imbisswagen eroberten die Tränke.

Inzwischen reicht das mittägliche Angebot im Degerlocher Gewerbegebiet von Asiatischem über Bäckerwaren bis hin zu Maultauschen. Und wer wenig Zeit hat, der überlegt sich wohl zweimal, ob er sich nicht lieber ums Eck schnell etwas holt als zur Hohen Eiche rüber zu hetzen. „Vier Imbisswägen sind für mich da draußen der Tod“, sagt Rüdiger Spahr. „Der Aufwand lohnt sich nicht mehr.“ Erst ab 70 Essen „bleibt etwas hängen“. Deshalb hat er seine einst begehrte Mittagskarte gestrichen und sich einen anderen Geschäftszweig gesucht: Er vermietet sein Nebenzimmer für Feiern, Schulungen und andere Zusammenkünfte.

Die ersten drei Jahre waren ein Bombengeschäft

Robert Poljak hat Pause, die letzten Gäste haben gezahlt und sind an den Schreibtisch zurückgekehrt. Fünf Jahre lang hat er sich im Holzkrug versucht. „Die ersten drei Jahren waren ein Bombengeschäft“, sagt er. Dann wurde es schwieriger. „Für mich stimmen die Randbedingungen nicht.“ Zum Beispiel habe er hier keine richtige Terrasse. Und im Lokal selbst lasse sich kein Teil abgrenzen für eine Feier.

Was den Mittagstisch betrifft, so hat die Konkurrenz wohl auch Robert Poljak das Geschäft versalzen. In Degerloch sprießt immer wieder etwas Neues aus dem Boden, wo es sich mittags nett sitzen lässt, und selbst beim Bäcker und in der Eisdiele gibt es eine Portion Pasta für fünf, sechs Euro. An den paar Gästen, die noch bei ihm im Holzkrug gegessen haben, hat Poljak nichts verdient. „Mittagstisch ist Geld rumgedreht.“ Außer es geht auf Masse.

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