Schon zu Beginn der Corona-Krise holten Altmaier und Scholz die „Bazooka“ heraus. Angesichts steigender Infektionszahlen kommen nun erneut Milliardenhilfen. Aber wann Firmen diese beantragen können, bleibt erstmal offen.

Berlin - Mit großzügigen Finanzhilfen will die Bundesregierung Firmen helfen, die im November wegen der Corona-Beschränkungen ihren Laden dicht machen müssen. Auch Solo-Selbstständige wie Künstler sollen unterstützt werden. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte am Donnerstag, es werde nicht gekleckert, sondern geklotzt - damit Unternehmen mit der Situation fertig werden. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sprach von „massiven, in dieser Größenordnung bisher unbekannten Unterstützungsleistungen“. Insgesamt geht es um Finanzhilfen von bis zu zehn Milliarden Euro - für einen Monat. Vieles ist aber noch offen.

 

Im März zu Beginn der Pandemie hatte Scholz den Begriff der „Bazooka“ geprägt, als er mit Altmaier ein Kreditprogramm mit quasi „unbegrenzter Feuerkraft“ verkündete. Es folgten weitere milliardenschwere Hilfen. Im Sommer erholte sich die Wirtschaft wieder etwas. Weil aber nun die Infektionszahlen sprunghaft steigen, zogen Bund und Länder die Notbremse: Von Montag an und für den kompletten November müssen Gastronomiebetriebe sowie Theater, Kinos und Fitnessstudios weitgehend schließen, Hotels dürften keine Touristen mehr aufnehmen.

Scholz sagte, es sei klar, dass viele Betriebe im November auf gute Geschäfte gehofft hätten - wenn auch nicht so gute wie zu Vor-Corona-Zeiten. Die neuen Maßnahmen träfen sie hart. „Wir helfen Ihnen, dass Sie das auch durchstehen können“, versprach er. Was nun geplant ist:

UMFANG DER HILFEN

Den von temporären Schließungen betroffenen Firmen, Selbstständigen, Vereinen und Einrichtungen will der Bund finanzielle Ausfälle entschädigen. Gemessen werden diese an den Umsätzen vom November 2019. Firmen mit maximal 50 Mitarbeiter bekommen 75 Prozent dieses Umsatzes erstattet. Größere Firmen sollen rund 70 Prozent bekommen - bei Großkonzernen kann es wegen EU-Beihilferichtlinien aber auch weniger sein. Die EU will mit diesen Vorgaben verhindern, dass es zu Wettbewerbsverzerrungen kommt. Von dem Erstattungsbetrag sollen staatliche Hilfen abgezogen werden, wenn Firmen zum Beispiel vom Kurzarbeitergeld profitieren.

Falls eine Firma im November 2019 noch gar nicht existiert hat, könne ein Monat aus dem laufenden Jahr als Vergleichswert genommen werden, sagte Altmaier. Er nannte den Oktober, weil der mit seinem nassen Wetter eher mit dem November vergleichbar sei als ein Sommermonat. Und was ist, wenn zum Beispiel Künstler im November 2019 gar keine Umsätze hatten? Auch dafür soll es eine Lösung geben, laut Altmaier könnten etwa Umsätze mehrerer Monate gemittelt werden. Auch Betriebe, die indirekt von Schließungen betroffen sind, sollen unterstützt werden, also etwa Lieferanten von Kneipen. Wie das genau aussehen soll, ist aber offen.

AB WANN UND WIE DIE HILFEN FLIEßEN

Ab wann Firmen Geld beantragen können, ist unklar. Altmaier versprach, dies werde zeitnah und unbürokratisch passieren. Es würden aber noch Fragen mit den Ländern und der EU-Kommission erörtert. Schließlich sei die Entscheidung zu den neuen Hilfen erst am Mittwoch gefallen. Eigentlich aber drängt die Zeit, denn viele Betriebe müssen ab Montag schließen - und Künstler oder andere Solo-Selbstständige bekommen keine Aufträge mehr.

Technisch gesehen ist vorstellbar, dass die neuen Hilfen auf der vorhandenen digitalen Plattform der Überbrückungshilfen beantragt werden. Dies sind Zuschüsse an kleine und mittlere Firmen, die in den vergangenen Monaten hohe Umsatzausfälle hatten. Zuletzt hatte der Bund diese Hilfen, eine Erstattung von fixen Betriebskosten wie Mieten, bis Jahresende verlängert.

Ob es eine Doppelförderung geben kann, ist bisher unklar. Bei den November-Hilfen werden aber auf jeden Fall auch Solo-Selbstständige mit einbezogen. Und: Zusätzlich zu den Nothilfen soll noch der Schnellkredit der Staatsbank KfW für Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten geöffnet werden. Das hatte die Wirtschaft seit langem gefordert.

WOHER DAS GELD KOMMT

Neues Geld vom Bundestag muss Scholz nicht beantragen. „Wir haben genug über“, sagte der Finanzminister. Zugleich machte er klar, dass Hilfen in dieser Größenordnung nur möglich seien, weil die Schließungen auf vier Wochen begrenzt seien. „Die zeitliche Begrenzung hilft uns, das zu stemmen.“ Das könnte aber auch heißen, dass man bei einer Verlängerung der Corona-Maßnahmen möglicherweise neu überlegen muss.

Das Geld für die Nothilfe soll aus dem Topf für Überbrückungshilfen stammen. Von den dafür vorgesehen 25 Milliarden Euro wurden bislang erst rund 1,5 Milliarden Euro abgerufen. Verbände kritisieren ein zu bürokratisches Verfahren.

Scholz machte auch klar, der Bund habe noch einige „Schüsse“ frei, sollte sich die Corona-Krise weiter verschärfen. Schon jetzt steht fest, dass die Überbrückungshilfen bis Mitte 2021 verlängert werden sollen. Weitere Vorschläge sind in der Koalition umstritten. Dazu gehört etwa ein pauschaler „Unternehmerlohn“ für Freiberufler und Selbstständige und steuerlicher Entlastungen durch eine bessere Verrechnung von Verlusten mit den Gewinnen der Vorjahre.