Die Region Stuttgart boomt. Auch am Engelberg ist die Nachfrage groß, doch es fehlen weitere Gewerbeflächen.

Leonberg - Wer über die Brennerstraße zum Westanschluss fährt, der sieht Kräne, Bagger und andere Baumaschinen. Die Deutsche Post ist mit ihrem Verteilzentrum bereits vor anderthalb Jahren ins Gewerbegebiet Leo West gezogen. Der Kran-Hersteller Scholpp feierte im Juli bereits Richtfest und auch diverse Spatenstiche gab es in den vergangenen zwölf Monaten. Verfügbar ist auf dem 7,2 Hektar großen Areal keine Fläche mehr. Alle Käufer sollen in den kommenden zwei Jahren mit ihren jeweiligen Bauvorhaben starten.

 

Keine Gewerbeflächen mehr

Spatenstiche, Richtfeste, Eröffnungen – es sind diese Ereignisse, die ein positives Licht auf den Wirtschaftsstandort Leonberg werfen, der in der boomenden Region Stuttgart große Konkurrenz hat. Doch wie fast alle Kommunen im Speckgürtel der Landeshauptstadt, vor allem die entlang der Autobahnen, hat auch die Große Kreisstadt ein Problem. „Leonberg hat keine städtischen Gewerbeflächen mehr“, sagt Wirtschaftsförderer Benjamin Schweizer.

Deshalb will die Stadt jetzt das bestehende Gewerbegebiet Carl-Zeiss-Straße in Gebersheim erweitern. „Das Areal ist eine mittelfristige Expansionsfläche für ortsansässige Betriebe, vor allem aus Gebersheim“, sagt der Wirtschaftsförderer. Vermarktet würden die Flächen aber noch lange nicht. Denn zunächst muss die Stadt die nötigen Grundstücke erst einmal über ein Umlageverfahren kaufen. Parallel wird ein Bebauungsplan aufgestellt und der Flächennutzungsplan geändert. Vielleicht könne man im nächsten Jahr schon die Erschließung des Geländes an der Engelbergstraße planen.

Expansion innerhalb von fünf Jahren

Die Stadt hat jüngst eine Gewerbebefragung veröffentlicht. „Ein Viertel der Unternehmen, die sich beteiligt haben, gibt an, dass sie innerhalb der nächsten fünf Jahre expandieren will“, berichtet Benjamin Schweizer. Erfahrungsgemäß kann bis zu einem Drittel dieser Vorhaben im Bestand umgesetzt werden. Etwa durch einen Erweiterungsbau oder den Umzug in ein bestehendes Gebäude. Ein Beispiel dafür ist der Pumpenhersteller Lewa, der das benachbarte Areal der Klavierfabrik Pfeiffer gekauft hat, die wiederum in die Berliner Straße ziehen wird. Oder die Firma Bosch, die sich auf das frühere Möbelhaus-Gelände erweitern will.

Neue Fläche auf der grünen Wiese

Bleiben aber immer noch zwei Drittel an Vorhaben, für die grüne Wiese erschlossen werden muss. Dazu erhalte er auch viele Anfragen aus der ganzen Region Stuttgart, sagt Benjamin Schweizer. Denn überall sei Gewerbefläche knapp. Die Wirtschaftsförderung der Region Stuttgart hat in dieser Woche eine Erhebung unter den 179 Kommunen veröffentlicht. Demnach würden jedes Jahr 160 Hektar neue Flächen benötigt. Die größte Nachfrage gibt es dabei im Kreis Böblingen mit 92 Hektar in den vergangenen beiden Jahren, gefolgt vom Kreis Ludwigsburg mit 82 Hektar. Zum Vergleich: Es stehen in den nächsten zwei Jahren aber nur 62 beziehungsweise 23 Hektar zur Verfügung.

3000 Arbeitsplätze geschaffen

In diesem Kontext rechnet sich der Wirtschaftsförderer gute Vermarktungsmöglichkeiten aus. „Gebersheim ist zwar ein vergleichsweise kleines Gebiet mit 5,7 Hektar. Aber es liegt günstig, man ist schnell auf beiden Autobahnen“, sagt Benjamin Schweizer. Generell sei Leonberg aufgrund seiner Lage ein sehr   attraktiver Standort mit einem guten Branchenmix, der auch nicht so sehr abhängig von der Automobilbranche sei. „Obwohl am Konjunkturhimmel langsam Wolken aufziehen, ist die Rückmeldung aus den hiesigen Unternehmen, dass sie sich in einer stabilen Lage befinden“, berichtet der Wirtschaftsförderer der Stadt aus der Gewerbebefragung.

Auch bei Unternehmen in der Region gefragt

Dass man vor allem den ortsansässigen Unternehmen eine Erweiterungsmöglichkeit bieten will, schließe nicht aus, dass auch Firmen aus anderen Kommunen zum Zuge kommen. „Man muss sehen, dass man die mittelständischen Unternehmen in der Region hält“, sagt der Wirtschaftsförderer. Auch in Leo West seien Firmen von außerhalb zum Zuge gekommen. So wird etwa das Unternehmen Altratec Automation seinen Firmensitz von Schwieberdingen nach Leonberg verlegen. „Zwischen 2014 und 2018 wurden in Leonberg 3000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze geschaffen“, berichtet Schweizer. Insgesamt stieg die Zahl auf 18 000. „Wenn wir weitere Flächen bereitstellen, kann dieses Dynamik aufrechterhalten werden“, ist er sich sicher.

Auf Gebersheim folgt Höfingen

Aber erst, wenn das Gewerbegebiet in Gebersheim dann erschlossen und die Flächen verkauft sind, werde sich Leonberg um das nächste Areal kümmern. Dann steht „Pfad IV“ in Höfingen an, die    mittlerweile dritte Erweiterung des Areals, das teilweise Mischgebiet, teilweise reines Gewerbegebiet ist. „Das wird aber auch noch mal alles Thema, wenn die Fortschreibung des Flächennutzungsplanes ansteht“, sagt Schweizer. Auch in das lange brach liegende Sümak-Gelände (früher Elektrolux) könnte neuer Schwung kommen. Der Eigentümer der 1,5 Hektar großen Fläche in Höfingen, auf der früher Kühlschränke und Kühlmittel produziert wurden, plant dort eine neue Nutzung. Man tausche sich regelmäßig aus, sagt der Wirtschaftsförderer.

Das geplante Gewerbegebiet in Gebersheim

Carl-Zeiss-Straße:
Am südlichen Rand des Teilorts Gebersheim gibt es bereits ein zwei Hektar großes Gewerbegebiet, das seit Jahren voll belegt ist. Es gehört zu den eher kleinen Gewerbegebieten der Stadt und soll nun erweitert werden. Vor allem Handwerksbetriebe sind hier angesiedelt, aber auch einige Handelsunternehmen mit lokalem Bezug.

Erweiterung
: 5,7 Hektar sollen neu erschlossen werden. Diese befinden sich südlich und südöstlich des bestehenden Gebietes. Verhandlungen mit den Grundstückeigentümern laufen seit langem, nicht alle wollten verkaufen. Deshalb wurde in der Sitzung im Juli ein amtliches Umlegungsverfahren angeschoben, damit die Stadt die Grundstücke kaufen kann. Gibt der Gemeinderat am Dienstag grünes Licht, kann die Verwaltung damit beginnen, einen Bebauungsplan aufzustellen und den Flächennutzungsplan zu ändern.