Google Adwords, SEO-Marketing, Mobile Commerce, Responsive Webdesign: Drei Geschäftsführer aus Stuttgart berichten über ihre Strategien beim Internethandel.

Stuttgart - Google Adwords, SEO-Marketing, Mobile Commerce, Responsive Webdesign – das sind nur einige Begriffe, mit denen sich Unternehmer auskennen müssen, wenn sie auf dem riesigen, konkurrenzstarken Internet-Markt bestehen wollen. Drei davon sind die Stuttgarter Mattias Mußler von der Mußler GmbH, Veit Kohlhoff, Geschäftsführer beim Kinderkleiderlabel Macarons GmbH, und Martin Fischer, Inhaber des Fahrradgeschäfts Fahrschneller.de. Sie alle sind sich einig: Einen Online-Shop aufzubauen, ist kein Zuckerschlecken und erfordert viel mehr Energie als gedacht.

 

Ausgeklügeltes Versandwarengeschäft

„Wir haben vor sechs Jahren zaghaft begonnen und hätten nie gedacht, dass man für einen Online-Shop so viel investieren muss“, sagt Mußler. Anfangs hätte sich der Internethandel mit Parfums, Pflegeprodukten und Kosmetika kaum rentiert, bis sich der Geschäftsführer entschied, ein bereits „funktionierendes System“, das Internetportal dergepflegtemann.de, aufzukaufen: „Die Seite ist speziell auf Männer ausgerichtet und war sehr erfolgreich. Wir wollten wissen, warum diese Seite funktioniert und unsere nicht.“ Erst nach dem Aufkauf sei ihm aufgefallen, wie viel Aufwand hinter einem Online-Shop steckt: „Die Versandwarenwirtschaft ist sehr ausgeklügelt. Wenn eine Bestellung eingeht, greift in der Logistik ein Rädchen ins andere“, so Mußler. Bei mehr als 10 000 Produkten und mehreren hundert Bestellungen am Tag gehe es um Schnelligkeit, „und die erreicht man nicht ohne ein System“.

An der Packstation beschäftigt Mußler sechs bis neun Mitarbeiter. Hinzu kommen laut Mußler sechs Arbeitsplätze, die sich mit den Online-Shops dergepflegtemann.de und beautyshop.de beschäftigen: eine Shop-Leitung, eine Mitarbeiterin für das Marketing, zwei für die Produktionsanlage, eine Grafikdesignerin und eine Texterin. Schließlich gebe es noch drei Kundenbetreuerinnen, die täglich Mail-Anfragen bearbeiteten.

Modelabel steckt online noch in den Kinderschuhen

Mattias Mußler sieht den Online-Handel zwar als eine „große Chance“, gleichzeitig beobachtet er eine teilweise Kannibalisierung: „Einige unserer Kunden wandern ins Internet ab.“ Er vermutet aber, dass „die Leute das Internet-Shopping auch mal satt haben werden. Sie wollen die Dinge anfassen und riechen und nicht immer vor dem Bildschirm sitzen. Deshalb werden sie immer in die Läden kommen.“ Allerdings müssten sich die Geschäfte neu erfinden und den Käufern ein neues Einkaufserlebnis bieten, ist er überzeugt.

Was den Online-Handel angeht, steckt Veit Kohlhoffs Modelabel Macarons noch in den Kinderschuhen. 2011 in Mönchengladbach gegründet und vor knapp zwei Jahren nach Stuttgart gezogen, konzentriert sich das junge Familienunternehmen auf ökologisch nachhaltige Baby- und Kinderkleidung aus Naturstoffen. Auch Kohlhoff hätte mit weniger Aufwand für einen Online-Shop gerechnet. In Zukunft will er mehr Wert auf das Marketing legen: „Wir haben das anfangs ziemlich unterschätzt und wollen in Zukunft mit einer Agentur an unserer Werbung arbeiten“, sagt der Geschäftsführer. Kohlhoff, der Kunden aus aller Welt hat, ist nach eigenen Angaben noch abhängig von den Einzelhandelsverkäufen der Boutiquen in Großstädten wie Moskau, New York und London. Mittelfristig will er seinen Umsatz verdoppeln, ist dafür aber auf die Optimierung seines Webshops angewiesen: „Noch ist das wie ein Laden im Hinterhof: Er existiert zwar, aber nur wenige wissen davon.“

Vollzeitstelle nur, wenn die Verkäufe steigen

Veit Kohlhoff erhofft sich mehr Zugriffe auf seinen Online-Shop. Er will nicht nur präsenter auf Google sein, sondern auch ein „Bewusstsein für nachhaltige Kindermode“ schaffen: „Unsere Kleidung ist zu hundert Prozent unter fairen Arbeitsbedingungen entstanden, vieles davon gleich ums Eck in Schwäbisch Hall. Dementsprechend sind die Kleider etwas teurer. Wir wollen, dass die Kunden wissen, was sie kaufen, und arbeiten momentan an einem Konzept, um das zu kommunizieren“, sagt Kohlhoff.

Noch kümmere sich ein Team aus drei Mitarbeitern nebenher um den Online-Shop und den Auftritt in den sozialen Netzwerken wie Facebook. Eine Vollzeit-Stelle sei nur in Aussicht, „wenn die geplanten Maßnahmen wirken und die Online-Verkäufe steigen“, so Kohlhoff.

Martin Fischer von fahrschneller.de geht genau den entgegengesetzten Weg. Seinen Fahrradladen betrieb er anfangs nur online. Erst vor zwei Jahren eröffnete er sein Geschäft an der Schwabstraße. Außer einem Informatiker, der die technischen Seiten des Online-Shops pflegt, macht er alles alleine. Er kümmert sich um die durchschnittlich zehn Online-Bestellungen pro Tag und hält auch sein Ladengeschäft am Laufen. Einen Mitarbeiter für den Online-Shop hält er für nicht notwendig: „Mein Fokus liegt auf dem stationären Handel.“ Seit der Ladeneröffnung sei er ohnehin zurückhaltender geworden, was den Online-Handel angeht: „Wenn man bedenkt, wie teuer Werbung auf Google ist – da muss man schon sehr, sehr viel investieren, um auf Dauer erfolgreich sein zu können“, sagt Fischer, „Adwords hat mir zwar mehr Klicks beschert, aber dadurch nicht viel mehr Verkäufe. Es hat sich einfach nicht rentiert.“ Solange man kein größeres Online-Team habe, sei es „für den Einzelnen sehr schwer“. Vorteile aus dem Internet-Handel zögen eigentlich nur die Großhändler, die ein größeres Investitionsvolumen hätten. „Manchmal ist es unfassbar, wie Fahrräder verramscht und für Spottpreise verkauft werden“, sagt Martin Fischer. Den Großhändlern mache das weniger etwas aus. Als kleiner Unternehmer hätte man gegen die Preisdrückerei keine Chance.