Nicht viel anders klingt es heute, wenn es in einem Aufruf heißt: „Antifa, Pegida, Mahnwache, Linke, Rechte, marschiert zusammen. [. . .] Ihr habt jetzt nur eine Bürgerpflicht: Denen da oben eine Grenze aufzuzeigen. Die brauchen einen Dämpfer und müssen mal wieder spüren, dass es Grenzen gibt.“ Jupp Legrand, Geschäftsführer der gewerkschaftlichen Otto-Brenner-Stiftung, hat das im Vorwort zu der Studie „Querfront“ als den Versuch beschrieben, mit einfach gestrickten Positionen ganz klare Fronten zu markieren, um zu einer Rechts-Links-Allianz zu kommen: das Volk gegen die Eliten, die Wahrheit gegen die Lügenpresse, für die Nation und gegen die EU, gegen die USA und für Putins Russland.

 

Den politischen Schulterschluss zwischen Rechts und Links gibt es zwar nicht, aber viele Menschen erweisen sich als keineswegs immun. So hat die AfD bei den Landtagswahlen 2016 in Berlin und in Mecklenburg-Vorpommern in den Gruppen der Arbeiter und der Arbeitslosen, die früher als sichere Bank für die SPD und die Linkspartei galten, die Mehrheit geholt – bei Bürgern, die sich nicht nur als Verlierer der Globalisierung fühlen, sondern es zumindest teilweise tatsächlich sind.

Von Klassenfragen abgewandt

Der häufig sehr schlecht gemanagte Prozess der Globalisierung lässt viele auf Distanz gehen, überall auf der Welt werden die nationalistischen Töne lauter. Bedroht wird dadurch auch der Nutzen, den die Globalisierung abseits von wirtschaftlichen Erwägungen stiftet. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat die Vorzüge der Globalisierung einmal so beschrieben: „Sie bewertet Menschen nicht nach Hautfarbe, Religion oder Nation. Sie baut keine Mauern und Eisernen Vorhänge. Sie öffnet Grenzen … und erweitert die Freizügigkeit und das Wissen der Menschheit.“

Dass es gegenwärtig aber trotzdem wieder stärker um diese Merkmale geht, ist nach Ansicht des Politikwissenschaftlers Claus Leggewie auch durch ein Versäumnis in der gesellschaftlichen Debatte zu begründen, die sich von Klassenfragen abgewandt und Fragen der kulturellen Identität zugewandt habe – Fragen der Hautfarbe, des Geschlechts, der sexuellen Orientierung und des Glaubens. Leggewie, Leiter des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen, hat in einem Interview daran erinnert, dass in den USA schon in den 90er Jahren vor einem „Identitätszirkus“ im akademisch-amerikanischen Milieu und der damit verbundenen politischen Korrektheit gewarnt wurde. „Das fällt uns jetzt auf die Füße.“ Leggewies Empfehlung lautet deshalb: „Ein bisschen mehr Klassenkampf wäre jetzt gut.“