Die baden-württembergische Wirtschaft ist 2010 um fünf Prozent gewachsen. Das Land übertrifft damit den Bundeswert um fast zwei Prozent.

Stuttgart - Die baden-württembergische Wirtschaft kommt mit kräftigem Schwung aus der Krise. Die gestern vom Statistischen Landesamt und dem Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Länder veröffentlichten Zahlen für 2010 zeigen für den Südwesten ein unerwartet positives Bild. Demnach ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Land real, also unter Berücksichtigung der Preisentwicklung, um 5,5 Prozent gewachsen. Damit toppt Baden-Württemberg den ebenfalls sehr guten Wert für Deutschland von 3,6 Prozent deutlich, nämlich um 1,9 Prozentpunkte. Sowohl das Land als auch die Bundesrepublik insgesamt hätten im vergangenen Jahr die höchste Wachstumsrate seit der Wiedervereinigung erreicht, betonen die Volkswirte des Arbeitskreises, der von Carmina Brenner, der Präsidentin des Statistischen Landesamtes in Stuttgart, geleitet wird.

 

Noch Ende Januar hatte die Stuttgarter Statistikbehörde mit einem Plus von 4,75 Prozent für 2010 gerechnet. Die überraschend dynamische Entwicklung ist vor allem dem rasanten Wachstumstempo in der Industrie zu verdanken. Die Kehrtwende nach dem Krisenjahr 2009, als die gesamte Wirtschaftsleistung im Südwesten um 7,1 Prozent geschrumpft war, ist im verarbeitenden Gewerbe besonders drastisch: Dort nahm die Bruttowertschöpfung um 15,2 Prozent zu, nachdem die Betriebe 2009 einen Einbruch von 22 Prozent verkraften mussten. Auf die Industriebetriebe entfallen rund 30 Prozent der gesamten wirtschaftlichen Leistung im Land. Im Bundesdurchschnitt sind es nur 21 Prozent.

Starker Wachstum u.a. bei der Automobil- und Elektronikbranche

Der Südwesten ist das mit Abstand am stärksten von der Industrie geprägte - beziehungsweise abhängige - Bundesland. Starke Wachstumsimpulse kamen beispielsweise aus den Branchen Metall, Automobil, Nachrichtentechnik und Elektronik. Alle übrigen Wirtschaftszweige haben mit maximal fünf Prozent zugelegt, Land- und Forstwirtschaft und Fischerei sind sogar um 2,9 Prozent geschrumpft. Der Sektor trägt jedoch nicht einmal ein Prozent zum Gesamtwert bei.

Die Statistiker weisen darauf hin, dass der Aufschwung von einem vergleichsweise niedrigen Basiswert aus stattgefunden hat und entsprechend interpretiert werden muss. Mit minus 7,1 Prozent beim BIP war die baden-württembergische Wirtschaft 2009 so stark wie noch nie seit Kriegsende eingebrochen. Deshalb entspreche der Wert aller im vorigen Jahr im Land erstellten Waren und Dienstleistungen - rund 362 Milliarden Euro - erst wieder in etwa jenem aus dem Jahr 2006. Das hohe Vorkrisenniveau von 2007 sei noch nicht wieder erreicht worden. Nominal, also in den jeweiligen Preisen, haben die Statistiker für das vergangenen Jahr eine Zunahme des Bruttoinlandsproduktes um 6,0 Prozent errechnet.

Weniger Insolvenzen im Jahr 2010

Dank der guten Konjunkturentwicklung mussten 2010 deutlich weniger Unternehmen im Land Insolvenz anmelden als im Vorjahr. Die Statistiker zählten 2490 Verfahren, das waren 360 oder 13 Prozent weniger als 2009. Rund 12.000 Beschäftigte seien von den Pleiten unmittelbar betroffen gewesen.

Der Aufschwung hat sich in den ersten Monaten dieses Jahres fortgesetzt. Nach einer Prognose des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin dürfte das BIP in Deutschland im ersten Quartal 2011 preis- und saisonbereinigt um 0,9 Prozent gestiegen sein. Damit hätten die Unternehmen Risiken wie steigende Preise, die Folgen der Katastrophe in Japan und des Krieges in Libyen bisher vergleichsweise gut verkraftet.