Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) unternimmt eine heikle Mission in die Golfregion. In Saudi-Arabien will er König Salman treffen und Wirtschaftskontakte beleben. Die Grünen fordern ihn auf, für den inhaftierten Blogger Badawi einzutreten.

Berlin/Riad - Zum Selbstverständnis des Wirtschaftsministers Sigmar Gabriel (SPD) gehört, dass er mehr als ein Wirtschaftsminister sein will. Auf Auslandsreisen wird der SPD-Chef oft als Vizekanzler angesprochen, was ihm sichtlich behagt. Auf einer viertägigen Reise in die Golfregion will Gabriel zeigen, dass ihm das Format als Türöffner der deutschen Wirtschaft auf Auslandsmärkten zu klein ist.

 

In einem Fernsehinterview gab er jüngst bekannt, dass er in Ländern, in denen es angebracht sei, selbstverständlich auch über Menschenrechte sprechen werde. Die Antworten früherer Wirtschaftsminister fielen bei diesem Thema eher schmallippig aus. Der Sozialdemokrat geht unangenehmen Fragen nicht aus dem Weg.

Für den Wirtschaftsminister wird gleich die erste Station zum Balanceakt. Am Samstag reist er nach Saudi-Arabien, um eine Wirtschaftskonferenz in der Hauptstadt Riad zu eröffnen und mit Vertretern des saudischen Königshauses zusammenzukommen. Für ihn geht es um mehr als Kommerz. Gabriel will sich für den inhaftierten Blogger Raif Badawi einsetzen, der zu einer langen Haftstrafe und 1000 Stockschlägen verurteilt worden ist. Der Minister spricht nicht über seine Absichten, weil dies der Sache kaum zuträglich ist. Gabriel weiß auch, dass er seine Gesprächspartner in Riad nicht verprellen darf. Möglicherweise trifft der Minister mit dem neuen König Salman zusammen. Es wird ein Spagat: Die deutsche Öffentlichkeit nimmt großen Anteil am Schicksal des Bloggers. Die Industrie will wiederum Geschäfte machen.

Wirtschaftsdelegation hofft auf gute Kontakte

Seitdem der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder 2003 das erste Mal nach Saudi-Arabien gereist war, sind die Kontakte mit dem Königreich enger geworden. Wirtschaftlich spielt der weltweit größte Ölproduzent eine bedeutende Rolle für Deutschland. Das bilaterale Handelsvolumen beläuft sich auf rund elf Milliarden Euro. Die Erwartungen Riads, es könne auch politisch eine stärkere Annäherung geben, wurden in den vergangenen Jahren aber enttäuscht. Es ist bei der wirtschaftlichen Zusammenarbeit geblieben. Wie stark das Interesse der deutschen Wirtschaft ist, zeigt sich an großen Delegation: 80 Unternehmer begleiten Gabriel. Der Schwerpunkt der Wirtschaftsgespräche soll auf den Themen Energie und Transport liegen. So sieht das die deutsche Seite.

Die saudische Regierung ist aber vor allem an deutschen Waffen und Rüstungstechnologie interessiert. Gabriel bleibt in diesem Punkt hart. Während früher auf Auslandsreisen von Wirtschaftsministern regelmäßig Vertreter der deutschen Rüstungsindustrie mit dabei waren, sind Manager von Rüstungsfirmen unerwünscht. Damit will Gabriel unterstreichen, dass er an der restriktiven Genehmigung von Rüstungsexporten festhält. Panzer und Kleinwaffen an Drittstaaten außerhalb von EU und Nato, die dazu eingesetzt werden könnten, um Protestbewegungen zu unterdrücken, sieht der Minister kritisch. Das unterscheidet ihn von seinen Vorgängern.

Lieferstopp für den Leopard-2-Panzer

Der „Irrsinn der Waffenlieferungen“ in unsichere Regionen müsse ein Ende haben, sagte Gabriel vor wenigen Tagen in einem Fernsehinterview. Zurückhaltung ist nicht seine Sache. Die saudische Regierung wird nach den Gründen fragen, sieht sie sich doch als Stabilitätsanker in der Region. Gabriel macht jedenfalls klar, dass sich am Lieferstopp von Leopard-2-Panzern für Riad nichts ändert. Auch von Sorgen der Rüstungsunternehmen und der IG Metall um die Zukunft der Branche lässt sich Gabriel nicht beirren.

Er denkt in großen Linien. Wie der Wirtschaftsminister sein Amt versteht, hat er im vergangenen Frühjahr während einer China-Visite gezeigt. In Peking sprach er auch über Menschenrechte und traf sich mit Bürgerrechtlern.