Der Aufschwung geht in Deutschland ins neute Jahre. Doch die Gefahr eines Rückschlags ist gewachsen. Die Politik sollte sich auf schlechtere Zeiten einstellen, meint Wirtschaftsredakteur Roland Pichler.

Berlin - Der Daueraufschwung überrascht selbst kühnste Optimisten. Seit dem Jahr 2010 geht es mit der deutschen Wirtschaft stetig bergauf. Nach den Prognosen der Wirtschaftsweisen und des Ifo-Instituts in München wird das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr deutlich über zwei Prozent liegen – und damit weit über dem Durchschnitt. Die Erklärung dafür ist schnell gefunden: Die Weltwirtschaft wächst inzwischen wieder so stark wie zuletzt vor der Finanzkrise 2008. Davon profitiert die deutsche Automobilindustrie und der Maschinenbau in besonderer Weise. Trotz der guten Zahlen kommt allerdings keine Partylaune auf. Zu präsent sind Sorgen, dass es mit dem Aufschwung bald vorbei sein könnte.

 

Die Bäume wachsen nicht in den Himmel

Dafür gibt es zwar keine Anzeichen. Doch die Gefahr von Rückschlägen ist allgegenwärtig. Der Handelsstreit mit den Vereinigten Staaten und die Unsicherheit durch den Brexit drücken auf die Stimmung. Bisher hinterlässt das zwar in Deutschland noch keine Spuren, doch das kann sich schnell ändern. Dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen, darauf deutet ein anderer Umstand hin: Der Euro hat in den vergangenen Monaten deutlich an Wert gewonnen. Damit sinken auch die Gewinnmargen der exportstarken Unternehmen in Deutschland. Dies könnte eine Normalisierung einleiten. Nicht zu unterschätzen ist auch der Effekt steigender Zinsen. Die Europäische Zentralbank (EZB) zögert die Zinswende zwar schon viel zu lange hinaus. Auf Dauer wird das die EZB aber nicht durchhalten. Die Geldpolitik hätte längst schon auf die robuste Konjunktur in Europa reagieren müssen.

Regierung sollte sich auf schlechtere Zeiten einstellen

Die neue Bundesregierung ist gut beraten, sich auf schlechtere Zeiten vorzubereiten. Die sind zwar nicht in Sichtweite. Doch zu den Lebensweisheiten zählt es, ein Dach dann zu reparieren, wenn die Sonne scheint. Die Politik sollte die Gunst der Stunde nutzen. Es gilt, in die Zukunft des Landes zu investieren sowie die Sozialversicherungen auf den demografischen Wandel einzustellen. Auf dem Arbeitsmarkt hat sich die Lage zwar verbessert, es gibt aber noch immer zu viele Langzeitarbeitslose. Hier ist noch einiges zu tun. Wegen der guten Konjunktur weisen Bund und Länder hohe Etatüberschüsse aus. Falsch wäre es, neue Sozialausgaben zu beschließen. Denn bei einer Zinswende wird sich die Lage der Haushalte schnell verschlechtern.