Die Hängepartie an der Hochschule für Verwaltung in Ludwigsburg geht weiter. Das Wissenschaftsministerium hat den Auftrag an den früheren PH-Rektor Hartmut Melenk verlängert. Er führt die Beamtenschmiede länger als zunächst geplant.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Ludwigsburg - Die Hängepartie um die Führung der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg geht auch im neuen Jahr weiter. Nach dem Erfolg der abgesetzten Rektorin Claudia Stöckle vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart hat das Wissenschaftsministerium, wie angekündigt, Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim eingelegt. Zugleich verlängerte es die Bestellung des kommissarischen Hochschulleiters, der Ende November endgültig aufhören sollte, vorsorglich bis Ende Juni 2016. Der bereits vor Monaten gewählte mögliche neue Rektor Wolfgang Ernst steht trotz der Turbulenzen weiter für das Amt zur Verfügung. Obwohl Stöckle formal wieder als Rektorin gilt, äußert er sich bereits öffentlich zu seinen Plänen für die Beamtenhochschule.

 

Das Verwaltungsgericht hatte die Absetzung Stöckles im Verfahren um einstweiligen Rechtsschutz aus formalen Gründen gerügt: Nicht nur die Abwahl selbst, auch die vorausgehende Aussprache hätte hochschulöffentlich stattfinden müssen. Daher setzte es den sofortigen Vollzug bis zur Entscheidung in der Sache aus. Dagegen wehrt sich das Wissenschaftsministerium von Theresia Bauer (Grüne) mit der Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof.

Ein Sprecher des Gerichtshofs bestätigte deren Eingang und kündigte an, der zuständige 9. Senat werde sich des Verfahrens mit der gebotenen Eile annehmen. Eine Entscheidung werde voraussichtlich im ersten Quartal des neuen Jahres fallen. Damit klärt sich womöglich noch vor der Landtagswahl am 13. März, ob Bauer doch noch Recht bekommt oder eine weitere Niederlage erleidet.

Hinter verschlossenen Türen

Für die Grünen-Ministerin ist es eine „Grundsatzfrage“, inwieweit die Wahl oder Abwahl von Rektoren an baden-württembergischen Hochschulen komplett hochschulöffentlich sein muss. Sie sieht einen Konflikt mit den geschützten Persönlichkeitsrechten der Betroffenen.

Im Fall von Claudia Stöckle hätte eine öffentliche Aussprache dazu geführt, dass „einzelne Vorgänge und Details“ bekannt geworden und eine Demontage der Rektorin kaum zu verhindern gewesen wären, argumentiert die Ministerin. Auch bei der Wahl von Rektoren solle die Aussprache daher hinter verschlossenen Türen stattfinden.

Einen Widerspruch zur Novelle des Landeshochschulgesetzes, die im April 2014 in Kraft getreten ist, sieht Bauer darin nicht. Grün-Rot hatte damit die Rolle des Rektors gestärkt und Vertrauen und Verantwortung als zentrale Begriffe herausgestellt. „Vertrauen setzt Transparenz voraus“, hieß es in eine gemeinsamen Papier der Koalitionspartner. Ein Sprecher des Ministeriums sagte dazu, man habe die Hochschulöffentlichkeit bei den Sitzungen von Senat und Hochschulrat „deutlich erweitert“. Das Spannungsverhältnis zwischen Transparenzinteresse und Persönlichkeitsrechten müsse nun vom Verwaltungsgerichtshof beurteilt werden.

Auftrag verlängert

Bis zu dessen Entscheidung soll die Beamtenhochschule nun doch weiter vom Beauftragten des Ministeriums, dem früheren PH-Rektor Hartmut Melenk (74), geführt werden. Noch im November hatte ein Vertreter Bauers im Hochschulrat angekündigt, Melenk werde unabhängig vom Ausgang der gerichtlichen Klärung in jedem Fall zum Monatsende ausscheiden; die Hochschule solle dann für eine „Übergangszeit“ von den beiden Prorektoren und der Kanzlerin geleitet werden. Das Rektorat sei auch so handlungsfähig, ein weiterer Eingriff in die Hochschulautonomie nicht erforderlich, hieß es.

Ende November wurde der Auftrag an Melenk dann doch bis zum 30. Juni verlängert, längstens bis zur endgültigen Wiederbesetzung des Rektoramtes. Ein Sprecher Bauers begründete den Sinneswandel damit, „angesichts fortdauernder öffentlicher Auseinandersetzungen“ sei die Funktionsfähigkeit der Hochschule weiterhin gefährdet; die weitere Verlängerung entspreche zudem deren ausdrücklichem Wunsch. Melenk hatte die angeblich gefährdete Funktionsfähigkeit der Beamtenschmiede mehrfach stark relativiert. „Sie war funktionsfähig in den entscheidenden Aufgaben“, sagte er drei Monate nach seinem Antritt Anfang 2015; nur auf der Leitungsebene habe es Probleme gegeben.

Nachfolger steht bereit

Trotz der Hängepartie stehe der zum Nachfolger Stöckles gewählte Professor Wolfgang Ernst „nach wie vor zur Verfügung“, betonte der Ministeriumssprecher. Der Wirtschaftsingenieur von der Hochschule Heilbronn hatte sich gegen zwei interne Bewerber durchgesetzt. Obwohl die Gültigkeit der Wahl in Frage steht, äußert sich Ernst bereits öffentlich zu seiner neuen Aufgabe – so in einem „Arbeitsgespräch“ mit dem Verband der Verwaltungsbeamten. Dies gilt als unüblich. Gleichwohl verteidigte das Ministerium ihn: „Die wenigen bisherigen Äußerungen sind mit angemessener Zurückhaltung erfolgt.“

Noch im November hatte es übrigens geheißen, das Rektorat habe „die Sachlage gemeinsam mit dem gewählten künftigen Rektor erörtert“; mit ihm seien zudem „regelmäßige Konsultationen vereinbart“ worden. Dies könnte zur nächsten rechtlichen Stolperfalle für Bauer und ihre Beamten werden: Da Ernst bisher nicht ernannt sei, warnen Rechtskenner, habe er als Außenstehender zu gelten, der keine Hochschulinterna erfahren dürfe.