Ein lauer Sommerabend, gemeinsames Grillen mit Freunden, eigentlich ist alles perfekt. Nur eines stört – das unerträglich hohe Summen von Stechmücken. Da die Plagegeister ihre Körpertemperatur nicht selbst steuern können, werden sie erst aktiv, wenn die Außentemperaturen steigen. Weltweit gibt es etwa 3500 Stechmückenarten, hierzulande rund 50, erklärt Helge Kampen, Mückenforscher am Friedrich-Loeffler-Institut auf der Insel Riems bei Greifswald. Er weiß, mit welchen Arten wir es zu tun haben.
Was ist die am meisten verbreitete Art?
Die Gemeine Stechmücke, auch Hausmücke genannt, ist der häufigste Vertreter in Europa. Der in ihrem Speichel enthaltene Proteincocktail, der durch einen Rüssel von den stechenden Weibchen in die Haut injiziert wird, führt zu einer Hautreaktion. Die Schwellung geht jedoch meist nach wenigen Tagen zurück. Immer häufiger ist jedoch von der Hausmücke als Überträger von Krankheitserregern die Rede. Sie kann etwa das West-Nil-Virus übertragen, das eigentlich nur in wärmeren Regionen der Erde wie den Tropen vorkommt. Vögel bringen das Virus auf ihrem Flug vom Süden in den Norden in heimische Gefilde. Sticht eine Mücke zuerst den infizierten Vogel und später einen Menschen, kann sich dieser anstecken und grippeähnliche Symptome entwickeln. 80 Prozent verspüren jedoch keine Symptome.
In Deutschland werden Fälle beim Menschen nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) seit 2019 registriert, insbesondere im Osten Deutschlands und in Bayern. Infektionsforscher wie Kampen beobachten die Verbreitung daher sehr genau. „Das Virus bleibt und kann hier in den Mückenweibchen überwintern.“ Lange und heiße Sommer helfen dem Virus zudem, sich schnell im Körper der Mücke zu entwickeln.
Warum gibt es in Feuchtgebieten besonders viele Mücken?
Etwa die Hälfte der einheimischen Stechmückenarten gehören zur Gattung der Überschwemmungsmücken. Diese legen ihre Eier auf sumpfigen Waldböden, auf feuchten Wiesen oder nahe Flüssen und Seen ab. Am Oberrhein kämpfen die Kommunen seit vielen Jahren mit Plagen von Überschwemmungsmücken. Je früher im Jahr der Fluss über seine Ufer tritt und die Eier, die in den Flussauen liegen, überschwemmt, desto eher beginnt die Plagerei. Krankheitserreger übertragen sie nach jetzigen Beobachtungen nicht, sagt Kampen. Laborexperimente zeigen jedoch, dass einige Arten der Überschwemmungsmücken prinzipiell in der Lage wären, das West-Nil-Virus zu übertragen.
Wie gefährlich ist die Tigermücke?
Auch die Asiatische Tigermücke wird von Forschern genau beobachtet, denn sie verbreitet sich in Europa zunehmend und wurde auch schon in Baden-Württemberg entdeckt. Sie kann das Dengue- oder das Chikungunya-Virus, mit dem Reisende aus Südostasien oder Süd- und Zentralamerika infiziert seien können, übertragen. Lebensbedrohliche Verlaufsformen, etwa bei einer Zweitinfektion mit dem Dengue-Virus, sind selten. Kampen vermutet, dass die Verbreitung der Tigermücke im Zuge der Erderwärmung weiter zunehmen wird und Virusinfektionen mit anwachsendem Reiseverkehr häufiger auftreten werden.
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Werde ich infiziert?
Nicht jeder, der gestochen wurde, muss sich wegen einer Virusinfektion sorgen. Das Risiko, auf eine Mücke zu treffen, die ein Virus in sich trage, sei vernachlässigbar klein, sagt Kampen. Für eine juckende, geschwollene Stelle können übrigens auch andere Mücken verantwortlich sein. Kampen weist auf zwei weitere Mückenfamilien mit blutsaugenden Vertretern hin: Die Kriebelmücke ist eine kleine buckelige Fliege mit scharfen Beißzähnen. Sie fliegt geräuschlos an und beißt eine Wunde in die Haut, in der sich das Blut sammelt, das sie dann absaugt. Gnitzen sind noch kleiner als Kriebelmücken und als Überträger der Blauzungenkrankheit auf Wiederkäuer bekannt.
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Warum gibt es Mücken überhaupt, und wie schütze ich mich? So nervig Mücken auch sein mögen: Sie haben eine Bedeutung im Ökosystem, erklärt Janice Pahl, Biologin und Umweltreferentin beim Naturschutzbund: „Mücken und deren Larven sind ein wichtiger Bestandteil der Nahrungskette und Lebensgrundlage für Spinnen, Fische, Libellen oder Vögel.“ Wer Stechmücken aus dem Weg gehen will, sollte sich nicht dort aufhalten, wo es feucht, warm und windstill ist. Hier halten sie sich gerne auf, vor allem in der Dämmerung. Teiche, Regentonnen und Pfützen nahe der Wohnung sollten ferner beseitigt werden. Lange, helle Kleidung und ein Mückenspray für den Körper, das großflächig aufgetragen wird, können zudem helfen. Allerdings kann dieses die Schleimhäute reizen. Den besten Schutz in der Nacht bietet ein Moskitonetz.
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Zum Mückenfänger werden
Mückenatlas
Unter Mithilfe von Bürgern kartiert das Friedrich-Loeffler-Institut und das Leibniz-Zentrum für Agrarlandforschung Mückenarten und ihre Verbreitung. Bisher haben über 22 000 Teilnehmende mehr als 120 000 Stechmücken in Deutschland gefangen.
Mückenfang
Gefangene und in einer kleinen Dose eingefroren Mücken werden dann eingesendet. Weitere Infos zum Vorgehen unter www.mueckenatlas.com