Kultur: Adrienne Braun (adr)

Immer wieder landet Schirmer aber bei seiner Hamburger Zeit. „Es gibt ein Haus, an dem man nicht glücklich wird: das Schauspielhaus Hamburg“, sagte er. Wegen „gravierender Unterfinanzierung“ des Theaters trat er 2010 als Intendant zurück. Er habe ein Zeichen setzen wollen, um das Theater vor dem Niedergang zu bewahren, „sonst wäre ich der letzte Intendant dieses Hauses gewesen“. Inzwischen hat die Intendantin Karin Beier am Schauspielhaus Hamburg „3,5 Millionen mehr als ich“ zur Verfügung, sagt Schirmer. Und man merkt, wie sehr es ihn kränkt.

 

Der gravierendste Einschnitt in Friedrich Schirmers Leben aber war der Suizid seiner Ehefrau, der erfolgreichen Theatermacherin und Dramaturgin Marie Zimmermann vor sieben Jahren. Sein Leben sei danach „emotional zu Ende gewesen“, erzählt Schirmer. Als er dann von heute auf morgen in Hamburg das Handtuch hinwarf, war endgültig nichts mehr wie zuvor. Keine Anrufe, der Terminkalender schlagartig leer. Statt bei Kollegen zu antichambrieren und sich ins nächstbeste Engagement zu stürzen, wollte er versuchen, „erst mal mit mir auszukommen, mich kennenzulernen“. Vierzig Jahre am Theater hatte er hinter sich, „eine grandiose Zeit“, und nun machte er nichts mehr außer „Wunden lecken“. Irgendwann ist er nach Nepal in ein buddhistisches Kloster gereist. „Das relativiert vieles.“

Schirmer hätte lange Zeit selbst nicht geglaubt, dass er „den Kokon“ noch einmal durchbrechen und ans Theater zurückkehren würde, das für ihn doch immer „eine Liebesgeschichte“, war. „Ich habe meine Karriere beendet gesehen“, erzählt er. Stolz wie er ist, wollte er sich nicht bewerben, sondern wollte, wenn schon, dann gerufen werden. Hätte man ihm angeboten, als Dramaturg auf 400-Euro-Basis an einem Kleintheater zu arbeiten, „ich hätte es gemacht.“ Nun ist der Ruf eben aus Esslingen gekommen, und wenn Schirmer durch die Stadt spaziert, weiß er manchmal gar nicht mehr, in welchem Jahr er ist. „Esslingen ist gleich geblieben und hat sich doch unheimlich verändert“, sagt er. In den achtziger Jahren sei die Stadt viel verschlossener, viel geordneter gewesen, „Straßencafés gab es gar nicht.“ Aber es waren bessere Zeiten für das Theater. Das Ensemble und der Etat der WLB waren deutlich größer als heute, die Konkurrenz dagegen gering. „Wir haben das hier wie im Rausch gemacht. Die Leute haben gesagt ,bei denen brennt immer Licht‘“, erinnert sich Schirmer – und ist schon wieder in der Vergangenheit gelandet.

Das Programm steht, die Spielzeit kann kommen

Als er berufen wurde, hat er erst einmal seitenweise Stücke aufgeschrieben, die sich für die WLB eignen. Er will „große theatrale Stoffe machen, die reisefähig sind“, denn die WLB ist eine „Wanderbühne“, die im Umland gastieren und in mancher Stadthalle spielen muss. „Tschechow und Horváth fallen für Reisetätigkeit aus“, meint Schirmer, es brauche stattdessen Stücke, „die Kraft haben und deren Kosmos verpflanzbar ist“.

Ob Schirmer von seinem neuen Spielplan erzählt oder den Regisseuren, mit denen er zusammenarbeiten wird, immer wieder schweift er in die Vergangenheit ab und erinnert an „vier Jahre Esslingen, vier Jahre Freiburg, zwölf Jahre Stuttgart, fünf Jahre Hamburg“. Das liegt natürlich auch daran, dass er einige seiner Weggefährten nach Esslingen holen wird – wie Klaus Hemmerle, der Schauspieler am Staatstheater war und künftig an der WLB inszenieren wird.

Aber ein wenig wirkt es auch so, als könne Schirmer die Vergangenheit noch nicht loslassen, als müsse er immer wieder seinen Erfolgen nachspüren und die Krisen aufarbeiten. Stolz ist er, immer noch, dass er Hasko Weber, der nach ihm Intendant in Stuttgart wurde, bereits als Regisseur am Haus hatte. Stolz ist er, dass er es vor Jahrzehnten war, der die Außenspielstätte am Zollberg „geplant und durchgekriegt“ hat, auch wenn sein Nachfolger sie erst eröffnete. „Es freut mich, dass ich 25 Jahre später Nutznießer davon bin“, sagt er.

Im Kloster in Nepal hat sich „vieles relativiert“

Immer wieder landet Schirmer aber bei seiner Hamburger Zeit. „Es gibt ein Haus, an dem man nicht glücklich wird: das Schauspielhaus Hamburg“, sagte er. Wegen „gravierender Unterfinanzierung“ des Theaters trat er 2010 als Intendant zurück. Er habe ein Zeichen setzen wollen, um das Theater vor dem Niedergang zu bewahren, „sonst wäre ich der letzte Intendant dieses Hauses gewesen“. Inzwischen hat die Intendantin Karin Beier am Schauspielhaus Hamburg „3,5 Millionen mehr als ich“ zur Verfügung, sagt Schirmer. Und man merkt, wie sehr es ihn kränkt.

Der gravierendste Einschnitt in Friedrich Schirmers Leben aber war der Suizid seiner Ehefrau, der erfolgreichen Theatermacherin und Dramaturgin Marie Zimmermann vor sieben Jahren. Sein Leben sei danach „emotional zu Ende gewesen“, erzählt Schirmer. Als er dann von heute auf morgen in Hamburg das Handtuch hinwarf, war endgültig nichts mehr wie zuvor. Keine Anrufe, der Terminkalender schlagartig leer. Statt bei Kollegen zu antichambrieren und sich ins nächstbeste Engagement zu stürzen, wollte er versuchen, „erst mal mit mir auszukommen, mich kennenzulernen“. Vierzig Jahre am Theater hatte er hinter sich, „eine grandiose Zeit“, und nun machte er nichts mehr außer „Wunden lecken“. Irgendwann ist er nach Nepal in ein buddhistisches Kloster gereist. „Das relativiert vieles.“

Schirmer hätte lange Zeit selbst nicht geglaubt, dass er „den Kokon“ noch einmal durchbrechen und ans Theater zurückkehren würde, das für ihn doch immer „eine Liebesgeschichte“, war. „Ich habe meine Karriere beendet gesehen“, erzählt er. Stolz wie er ist, wollte er sich nicht bewerben, sondern wollte, wenn schon, dann gerufen werden. Hätte man ihm angeboten, als Dramaturg auf 400-Euro-Basis an einem Kleintheater zu arbeiten, „ich hätte es gemacht.“ Nun ist der Ruf eben aus Esslingen gekommen, und wenn Schirmer durch die Stadt spaziert, weiß er manchmal gar nicht mehr, in welchem Jahr er ist. „Esslingen ist gleich geblieben und hat sich doch unheimlich verändert“, sagt er. In den achtziger Jahren sei die Stadt viel verschlossener, viel geordneter gewesen, „Straßencafés gab es gar nicht.“ Aber es waren bessere Zeiten für das Theater. Das Ensemble und der Etat der WLB waren deutlich größer als heute, die Konkurrenz dagegen gering. „Wir haben das hier wie im Rausch gemacht. Die Leute haben gesagt ,bei denen brennt immer Licht‘“, erinnert sich Schirmer – und ist schon wieder in der Vergangenheit gelandet.

Das Programm steht, die Spielzeit kann kommen

Als er berufen wurde, hat er erst einmal seitenweise Stücke aufgeschrieben, die sich für die WLB eignen. Er will „große theatrale Stoffe machen, die reisefähig sind“, denn die WLB ist eine „Wanderbühne“, die im Umland gastieren und in mancher Stadthalle spielen muss. „Tschechow und Horváth fallen für Reisetätigkeit aus“, meint Schirmer, es brauche stattdessen Stücke, „die Kraft haben und deren Kosmos verpflanzbar ist“.

Seine erste Spielzeit wird Schirmer im Herbst mit dem „Untertan“ von Heinrich Mann eröffnen. „Der Erste Weltkrieg ist in aller Munde“, sagt er und will mit dem Roman „die Wurzel dieser Urkatastrophe“ aufzeigen, aber auch das deutsche Wesen: „nach unten treten, nach oben buckeln“. Inszenieren wird ein Kollege, Christoph Küster, der Leiter des Stuttgarter Studio Theaters. Auch mit dem Theater Rampe wird Schirmer zusammenarbeiten. „Ich muss immer aufpassen, dass ich nicht klinge wie ein alter Herr“, sagt er, „aber junge Leute, die Kraft haben, haben mich immer interessiert.“ Marie Bues und Martina Grohmann sind für ihn solche kraftvollen jungen Leute. „Prima und erfrischend.“

Das Programm steht, die neue Spielzeit kann also kommen. Schirmer war in den vergangenen Wochen noch einmal in Nepal, weil er als Intendant wohl nicht mehr so lange Reisen wird unternehmen können. Als Nächstes steht der Umzug an, Schirmer und seine Partnerin werden von Freiburg nach Esslingen ziehen, denn pendeln mag er nicht mehr. Die Weichen sind also gestellt. Ob seine Pläne aufgehen, das will Schirmer lieber nicht versprechen. „Aber ich werde mein Bestes geben und mich reinhängen.“