Trotz des blamablen WM-Aus in Russland, wird Joachim Löw laut Medienberichten Bundestrainer bleiben. Zuvor hatte der DFB ihm das Vertrauen ausgesprochen.

Köln - Joachim Löw ließ die Fußball-Nation sechs Tage lang zappeln, dann stieg weißer Rauch auf: Der 58-Jährige bleibt offenbar trotz des historischen deutschen WM-Desasters Bundestrainer und wird den Neuaufbau der Nationalmannschaft anleiten. Das berichten Bild und Sport Bild am Dienstag. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Löw hatte sich nach dem erstmaligen Vorrunden-Aus in der 84-jährigen WM-Geschichte des DFB-Teams zunächst Bedenkzeit erbeten. Er wolle sich als Trainer hinterfragen, teilte er nach der Rückkehr aus Russland mit - und das tat er, beginnend mit der Heimkehr nach Freiburg am vergangenen Donnerstag, einen Tag nach dem blamablen 0:2 gegen Südkorea.

 

„Es braucht klare Veränderungen“

Die Diskussionen um die Zukunft hatten bereits in der Nacht nach dem Aus begonnen, auf dem viel zu frühen Heimflug wurden sie fortgesetzt. Löw, DFB-Präsident Reinhard Grindel und Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff steckten die Köpfe zusammen, die entscheidende Erkenntnis: „Es braucht tiefgreifende Maßnahmen, es braucht klare Veränderungen“, sagte Löw. Diese Veränderungen wird er nun federführend herbeiführen müssen. Der Rückendeckung durch den DFB kann er sich sicher sein: Das Präsidium um Chef Grindel hatte sich am Freitag in einer Telefonkonferenz einhellig für Löw ausgesprochen, der seinen Vertrag kurz vor der WM bis 2022 verlängert hatte. Löw sei der geeignete Mann für den Neuaufbau, hieß es vom Verband. Ein Bericht der FAZ vom Dienstag nährte daran aber massive Zweifel. Vor allem die Sorglosigkeit der Verantwortlichen um Löw und Bierhoff hätten zum WM-Desaster, hieß es dort aus „Spielerkreisen“ und von zwei „erfahrenen Kennern der sportlichen und organisatorischen Verhältnisse in der Nationalmannschaft und beim DFB“. Löw habe den Leistungsgedanken ausgehebelt, was zur Spaltung der Mannschaft in Etablierte und Junge beigetragen habe.

2006 Traineramt übernommen

Löw hatte das Amt nach dem Sommermärchen 2006 von Teamchef Jürgen Klinsmann übernommen. Bei allen großen Turnieren führte er die DFB-Auswahl danach mindestens ins Halbfinale - bis zur WM in Russland. Höhepunkt seiner Amtszeit war der Gewinn des WM-Titels 2014 in Brasilien. Im vergangenen Jahr führte er eine bessere B-Elf zum Confed-Cup-Sieg. Doch bei der diesjährigen WM scheiterte seine hoch gehandelte Mannschaft kläglich. Die Leistungsträger, auf die Löw in erster Linie gesetzt hatte, waren außer Form, im Team knirschte es. Beim Fehlstart gegen Mexiko (0:1) wurden zudem taktische Fehler deutlich. Löw und sein Trainerstab waren von der Spielweise der Mexikaner überrumpelt worden.

Glaube an eine neue „Goldene Generation“

Beim Last-Minute-Sieg gegen Schweden (2:1) überraschte Löw mit für ihn ungewohnten Wechseln. So verzichtete er auf die eigentlich „Unverzichtbaren“ Mesut Özil und Sami Khedira - unbequeme Maßnahmen, die beim Neuaufbau abermals gefragt sein werden. Von den neun Weltmeistern, die Löw mit ins unpopuläre WM-Quartier nach Watutinki genommen hatte, wären 2022 in Katar nur Julian Draxler und Matthias Ginter noch unter 30 Jahre alt. Löw hatte bereits vor dem WM-Crash eine Vision für die Mannschaft der Zukunft entwickelt - auch deshalb verlängerte er kurz vor der WM seinen Vertrag. „In vier Jahren sind Spieler wie Kimmich, Werner, Sane, Süle, Brandt und Goretzka auf dem Zenit ihres Könnens. Das ist für mich spannend und eine reizvolle Aufgabe“, sagte er im SID-Interview. Der Bundestrainer glaubt an eine neue „Goldene Generation“ - und offenbar auch daran, dass er auch sie auf den Gipfel führen kann.