Besonders der Einzelhandel zeigt sich vom WM-Effekt enttäuscht, die Brauer profitieren dagegen vom stabilen Sommer.

Berlin - Am Sonntag geht die Fußball-Weltmeisterschaft mit dem Finale zwischen Frankreich und Kroatien zu Ende. Dass sie hierzulande – wie seit 2006 eigentlich immer – eine Welle der Euphorie erzeugt hätte, wird man wirklich nicht behaupten können. Dazu waren die balltreterischen Bemühungen der in deutscher Sache entsandten Spezialisten zu dürftig. Aus nationaler Sicht war die WM schon vor zwei Wochen beendet.

 

Das hat Auswirkungen. Nicht nur auf die kickende Zunft selbst. Handel und Wirtschaft setzen auf den WM-Effekt. Gute Laune ist gut fürs Geschäft. Diesmal aber gibt es keinen Grund zur guten Laune, weder sportlich , noch ökonomisch. „Vor der Weltmeisterschaft hatten viele Einzelhändler mit Umsatz-Impulsen gerechnet“, sagt Hilmar Pfister vom Handelsverband (HDE) Baden-Württemberg unserer Zeitung. Für die Händler wäre es aber wichtig gewesen, dass die deutsche Mannschaft lange im Turnier bleibt. Nur dann entstehe die entsprechende nachfragesteigernde Euphorie. Dass es anders kam, nennt Pfister „einen herben Dämpfer für die Einzelhändler“. Pfister: „Viele blieben auf ihren Fan-Artikeln sitzen oder boten sie stark rabattiert an.“ Auch der Bundesverband des HDE sieht es so. Geschäftsführer Kai Falk sagte unserer Zeitung, gerade für den Lebensmittel-Einzelhandel hätte das deutsche Aus wie ein Euphorie-Bremse gewirkt. „So manche private WM-Party hat dann eben nicht mehr stattgefunden.“

Das Wetter ist der wichtigste Spieler

Enttäuschung über das frühe Ende der deutschen Hoffnungen gibt es auch in der Werbewirtschaft. „Bei gebremster Euphorie und weniger Aufmerksamkeit für das sportliche Großereignis erfüllten sich nicht alle Erwartungen der Werbewirtschaft“, sagt Manfred Parteina, der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes der deutschen Werbewirtschaft. „Unternehmen, die auf Werbung mit WM-Bezug gesetzt hatten, konnten nicht von dem positiven Bild einer erfolgreichen DFB-Elf profitieren“, sagt Parteina. Anders als 2014 habe es „keine Abstrahleffekte“ gegeben. „Gebuchte TV-Spots mit WM-Motiv wurden zum Teil direkt gegen andere ausgetauscht, kurzfristige Werbeschaltungen fielen medienübergreifend weitgehend aus.“

Beim Deutschen Brauer-Bund zeigt man sich gelassen. Dort hat ein anderer Effekt die deutsche WM-Trübsal ausgleichen können. „Das Wetter ist und bleibt unser wichtigster Player“, sagt Sprecher Marc-Oliver Huhnholz. Ein guter Sommer sei „immer noch der beste Garant für den Bierabsatz“. Und niemand kann behaupten, dass der Sommer schlecht ist. Das Ergebnis: „Die sommerlichen Temperaturen im Mai und Juni haben die Nachfrage erheblich angekurbelt.“

Bei der WM 2016 stieg die Getränke-Nachfrage erheblich

Dass große Fußball-Ereignisse einen sehr merklichen Einfluss auf den Umsatz des Handels haben können, zeigten die Wirtschaftsforscher Robert Kecskes und Wolfgang Adlwarth schon für die Europameisterschaft 2016. In einer Analyse für die GfK-Marktforschung stellten sie einen „EM-Warenkorb“ zusammen, bestehend aus alkoholischen und nicht-alkoholischen Getränken, Snacks und Party- und Grillprodukten. Sie zeigten, dass der Verkauf von alkoholhaltigen Getränken im EM-Monat Juni um sieben Prozent im Vergleich zum Juni 2015 zulegte, die nicht-alkoholischen um 4,2 Prozent. Danach folgte der Kater. Im Juli sanken die Umsätze um 5,8 beziehungsweise 5,5 Prozent. In diesem Jahr dürfte das anhaltend gute Wetter ausgleichend wirken.