Als Organisationschefin der Frauenfußball-WM 2011 leistet Steffi Jones ganze Arbeit. Doch die schwierigere Aufgabe kommt erst noch.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Berlin - Die Planungen des Veranstalters haben für Donnerstagabend ein "Flying Buffet" vorgesehen, als Steffi Jones in der Mercedes Benz Gallery am Berliner Boulevard Unter den Linden zum Stelldichein mit den Sportjournalisten erscheint. Der Sponsor der Frauennationalelf nennt derlei Treffen neudeutsch "Come Together". Und so werden für Jones und die Reporter überschaubar portionierte Happen im Stehen serviert - was die 38-Jährige nicht stört. Schließlich kann sich die Präsidentin des Organisationskomitees der Frauen-WM in Deutschland über mangelnde Verpflegung nicht beschweren.

 

Mehr als 1200 Termine hat die gebürtige Frankfurterin als oberste Repräsentantin der sechsten WM seit ihrem Amtsantritt im Januar 2008 absolviert - und meist ist sie dabei gut umsorgt worden. Gelangweilte Routine ist bei Jones nicht zu spüren, obwohl sie allein bei ihrer "Welcome Tour", die sie in alle 15 Gastländer auf alle fünf Kontinente führte, mit dem Flugzeug etwa dreimal den Erdball umrundet hat.

"Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass das möglich ist"

Noch immer wirkt die 38-Jährige in ihrer Mission als Gesicht der WM 2011 authentisch. Sie ist aufgeschlossen, freundlich; Jones lacht gerne und oft, manchmal kichert sie sogar - und so ist es bestimmt ehrlich gemeint, wenn sie das tut, was in der Branche äußerst selten vorkommt: Jones lobt die Journalisten, mit denen ist sie "super, super zufrieden" ist.

Ohne deren ausführliche Berichterstattung, findet sie, wäre es sicher nicht gelungen, bis Freitag mehr als 700.000 der insgesamt 970.000 Tickets für die WM in neun deutschen Städten zu verkaufen. "Vor drei Jahren hätte ich mir nicht träumen lassen, dass dies im Frauenfußball überhaupt möglich ist", sagt die OK-Chefin, "aber die anfängliche Skepsis ist schnell gewichen."

Das Feuer für den Frauen-Fußball am Lodern halten

Wenn das Turnier am Sonntag (18 Uhr/ARD und Eurosport) mit dem offiziellen Eröffnungsspiel der DFB-Elf gegen Kanada beginnt, kann sich Steffi Jones kurz ein wenig zurücklehnen. "Dann steht erst mal der Sport im Vordergrund", sagt sie. Doch spätestens wenn am 17. Juli mit dem Endspiel in Frankfurt der Vorhang fällt, wird Jones erneut gefordert sein.

Mit einem Bekanntheitsgrad von 85 Prozent genießt sie hierzulande inzwischen mehr Popularität als die Rekordnationalspielerin Birgit Prinz. Nach der WM gilt es für die 111-malige Nationalspielerin in ihrem neuen Amt als Direktorin für Frauenfußball beim Deutschen Fußball-Bund das zu verwirklichen, was ihr Chef Theo Zwanziger "Nachhaltigkeit des WM-Turniers" nennt. Und so ist es für Jones die vielleicht schwierigere Aufgabe, das Feuer für den Frauenfußball weiter am Lodern zu halten.

Abwehrspielerin mit viel Selbstironie

Angesichts einer Bundesliga, die im Durchschnitt weniger als 900 Zuschauer pro Spiel begrüßt, ist dies nicht leicht. "Es gibt für uns in der Liga noch viel zu tun", sagt sie. Allerdings hat Stephanie Ann Jones in ihrem Leben schon so manche Hürde genommen. Im Frankfurter Problembezirk Bonames wuchs sie von ihrem dritten Lebensjahr an ohne ihren Vater, den Ex-Baseballprofi und Soldaten Ray Jones auf. Mit ihrer Mutter Liselotte telefoniert die gelernte Groß- und Außenhandelskauffrau, die an der Sporthochschule Köln die Fußballlehrerlizenz machte, aber weiter täglich. Schicksalsschläge hat die Familie einige hinnehmen müssen. So ist Jones' älterer Bruder Christian mehr als 20 Jahre drogenabhängig gewesen - soll sein Leben und das seiner Familie nun aber im Griff haben. Dank der Hilfe der Schwester?

Die ist für ihren zehn Jahre jüngeren Halbbruder Frank schon früh so etwas wie eine Ersatzmutter gewesen. Wenn sie daran denkt, dass Frank bei einem Einsatz der US-Armee im Irak 2006 beide Beine verlor, treibt es ihr Tränen in die Augen. Meist aber sieht man Steffi Jones lächeln. Dass ihre Ex-Kolleginnen die dunkelhäutige Abwehrspielerin "Schoko" nennen, sagt viel über ihre Selbstironie aus.

Doch Jones ist auch ehrgeizig und fokussiert. Sie hat sich einst an der Supermarktkasse den Lebensunterhalt verdient - und wollte, nachdem sie 2007 ihre aktive Karriere in Frankfurt beendet hatte, möglichst im Männerfußball Fuß fassen. Bei einem Praktikum unter dem damaligen Mainzer Trainer Jürgen Klopp ist es geblieben. Nun will sich Steffi Jones auch künftig voll für den Frauenfußball reinknien - und zwar, wie immer "offen und geradeaus".