Mittwoch, 14 Uhr, Deutschland gegen Japan – und jetzt? Darf der Arbeitnehmer während seines Dienstes ausgiebig die WM in Katar verfolgen? Die Vorgaben sind klar – und bieten Fußball-Fans trotzdem einige Möglichkeiten.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Die Boykott-Diskussion zur Fußball-Weltmeisterschaft in Katar macht wenig Lust darauf, mit Kolleginnen und Kollegen tagsüber Fußball zu schauen. Doch all denjenigen, die partout am Ball bleiben wollen, bleibt wegen der Zeitverschiebung und angesichts teils früher Anstoßzeiten nichts anderes übrig, als im Betrieb den Fernseher oder Computer laufen zu lassen – etwa wenn die deutsche Nationalmannschaft an diesem Mittwoch um 14 Uhr unserer Zeit gegen Japan kickt. Dazu müssen ein paar Regeln eingehalten werden, um es sich nicht mit dem Chef zu verscherzen. Ein Überblick.

 

Welche Rechte hat der Arbeitnehmer? Was bei eng getakteten Montagetätigkeiten oder im Verkauf relativ eindeutig erscheint, ist bei Gleitzeitarbeit in Büros schon nicht mehr so klar – die Freiheiten sind unterschiedlich verteilt. Dabei ist das Arbeitsrecht eindeutig: Grundsätzlich hat der Beschäftigte während der im Arbeitsvertrag festgeschriebenen Arbeitszeit seine Pflichten zu erfüllen und darf nicht WM-Spiele verfolgen. Er kann auch nicht nebenher den Livestream verfolgen. Einvernehmliche individuelle Regelungen sind freilich stets möglich.

Auch hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf unbezahlte Freistellung, um ein Fußballspiel zu verfolgen oder Nachwirkungen auszukurieren. Will er Urlaub nehmen, gilt generell, dass die Wünsche des Beschäftigten berücksichtigt werden sollten, sofern nicht betriebliche Belange dagegen stehen.

Was gilt bei der Computernutzung? Wenn der Rechner nur für dienstliche Zwecke zur Verfügung gestellt wird, darf der Arbeitnehmer darauf auch nicht streamen, selbst wenn er seine Arbeitszeit unterbricht. Wenn der Laptop oder das Smartphone hingegen auch für die private Nutzung überlassen wurden, kann der Beschäftigte prinzipiell das Spiel im Internet verfolgen, muss aber streng genommen auch „ausstempeln“, sofern die Arbeitszeit erfasst wird.

Wie sieht es im Homeoffice aus? Wenn einer in Vertrauensarbeitszeit Homeoffice macht, gelten im Grundsatz die gleichen Regeln – doch kontrollieren ließe sich deren Einhaltung kaum. Insofern könnte mancher dort der Versuchung erliegen, den Fußball zeitweise dem Job vorzuziehen. Der technischen Überwachung sind aus arbeitnehmer- und datenschutzrechtlichen Gründen sehr enge Grenzen gesetzt.

Was gilt für die Kleiderordnung? Fanbekleidung darf dann nicht getragen werden, wenn die Arbeitssicherheit gefährdet ist. Mit Fanschal an der Maschine zu stehen, kann vom Arbeitgeber untersagt werden. Eine Regelung zum Tragen von Dienstkleidung gilt diese auch während der WM. Bei auswärtigen Terminen ist ebenso ein entsprechender „Dresscode“ zu wahren.

Was rät der Arbeitgeberverband? Die Unternehmer Baden-Württemberg (UBW) raten den Mitgliedsbetrieben, mit ihren Belegschaften pragmatische Lösungen zu finden, falls Bedarf besteht. Schon bei der Weltmeisterschaft 2018 hatte es jedoch aus der Mitgliedschaft kaum noch Rückmeldungen gegeben – größere Probleme sind demnach nicht aufgetaucht.

Streng genommen müssten Betriebsvereinbarungen zur Arbeitszeit kurzfristig geändert werden, um Streitigkeiten von vornherein auszuschließen. Doch dies muss einvernehmlich erfolgen, sonst wächst der Aufwand erheblich. In jedem Fall empfiehlt der Verband den Arbeitgebern, betriebliche Belange rechtzeitig zu kommunizieren. Wenn zum Beispiel das Weihnachtsgeschäft im Handel Vorrang hat, kann dem gleichzeitigen Fußballschauen schon vorab ein Riegel vorgeschoben werden.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der noch vor vier Jahren zur WM in Russland rechtliche Tipps für die Arbeitnehmer bereitgehalten hatte, verzichtet diesmal darauf. Allerdings hat der DGB auch ganz prinzipielle Vorbehalte gegen diese WM in Katar.