Joachim Löws Perspektivspieler lösen die Pflichtaufgabe gegen San Marino seriös. Allen voran der dreifache Torschütze Sandro Wagner überzeugt. Doch beim Confed-Cup warten jetzt ganz andere Herausforderungen.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Nürnberg - Elia Benedettini hat sich was getraut gegen den Weltmeister. Als der 21-Jährige diesen weiten Pass kommen sah, hat er die Gefahr sofort erkannt und ist aus seinem Tor gerannt. Mit einem Scherenschlag vor dem Strafraum klärte San Marinos Schlussmann die Szene. Hoch und weit flog der unter dem Gejohle der Zuschauer wieder dahin, woher er hergekommen war – in die deutsche Spielhälfte.

 

Dort blieb das Spielgerät aber nicht lange, da es vom Anpfiff weg ja nur in eine Richtung ging – auf Benedettini zu. Kein einziges Mal schafften es die Gäste, sich bis an den Strafraum der deutschen Nationalmannschaft durchzukämpfen, und siebenmal blieben die Rettungsversuche des Fußballzwerges gegen den Fußballgiganten in Nürnberg ohne Erfolg. Dennoch gab es hinterher das seltene Bild, dass sich trotz eines klaren 7:0 (4:0) gleich zwei Teams als Sieger fühlten.

Die Mannschaft aus der Nähe von Rimini an der Adriatischen Küste bedankte sich jedenfalls erhobenen Hauptes bei ihren wenigen Fans, und die deutschen Spieler schritten ebenfalls zufrieden vom Rasen. Wobei sie beim Trikottausch teilweise stärker bedrängt wurden als zuvor im Spiel. Mittendrin im Reigen von Joachim Löws Perspektivkader stand Sandro Wagner, überragte die Gegner allein wegen seiner Körpergröße von 1,94 Meter und behielt sein Stück Stoff mit der Nummer neun erst einmal. „Es gibt eine lange Warteliste. Ich hab’s schon vielen Leuten versprochen“, sagte der Mann des Abends.

Löw ist sehr zufrieden

Drei Tore hatte Wagner erzielt. „Ein tolles Gefühl, aber es war gegen San Marino und nicht gegen Italien oder England. Ich weiß das Ganze einzuschätzen“, erklärte der 29-jährige Hoffenheimer. Nicht zu viel will sich der selbstbewusste Angreifer auf seine jetzt bemerkenswerte Torquote nach zwei Länderspielen einbilden. Doch an Wagner lässt sich schon gut aufzeigen, wie die vermeintlich bunt gemischte Auswahl des Bundestrainers ihre Nominierung am Ende einer strapaziösen Saison versteht: als Chance. Und nun wollen Wagner und Co. in Abwesenheit vieler Stars eben zupacken. Wofür es nach dem Test in Dänemark (1:1) nun drei Punkte in der WM-Qualifikation gab.

„Ich habe erwartet, dass wir ein gutes Tempo spielen, den Gegner durch Laufarbeit und Ballpassagen immer mehr überfordern – und all das hat die Mannschaft gut umgesetzt“, analysierte Löw. Seriös trat der Führende der Gruppe C auf, auch strukturiert, obwohl der Bundestrainer sich für die ungewöhnliche Variante einer Einerkette in der Abwehr entschied. Shkodran Mustafi stand im Zentrum, assistiert wurde ihm von Joshua Kimmich und Jonas Hector. Doch letztlich waren diese mehr Flügelstürmer als Außenverteidiger. Vor allem Kimmich beeindruckte seinen Hauptabnehmer. „Unglaublich, wie er flankt, da kann sich Robert Lewandowski nächste Saison bei den Bayern freuen. Denn wenn Joshua Kimmich spielt, dann macht er noch mal zehn Tore mehr“, sagte Wagner und will sich nun beim Confed-Cup weiter aufdrängen. Zumindest als Alternative zum pausierenden Mario Gomez, dem anderen klassischen Mittelstürmer in Löws Revier.

Wagner ist nicht gesetzt

Doch bei allem Lob erhob der Bundestrainer den Spätberufenen für die nächsten Tage und Spiele in Russland nicht zu seinem Stürmer Nummer eins. Denn Löw will bei der Generalprobe für die WM 2018 flexibel bleiben und sehen, wie sich einerseits die frisch dazugeholten Spieler einfügen und andererseits diejenigen, die länger dabei sind, ihre Führungsrollen ausfüllen.

Gegen San Marino lief es gut, wie die Liste der weiteren Torschützen belegt: Julian Draxler und Shkodran Mustafi stehen für das schon erfahrene Element, Amin Younes sowie Julian Brandt für die neuen Kräfte. Zusammen sollen sie sich beim Confed-Cup, der für die Deutschen in einer Woche gegen Australien beginnt, nun zu einer Einheit verbinden, die auch gegen Gegner wie Chile Wettbewerbshärte entwickelt. „Ich bin mir sicher, dass der Erfahrungswert für die Spieler immens sein wird“, sagt Löw. Und er kann sich auch sicher sein, dass der Südamerika-Meister, der komplett mit seinen besten Fußballkriegern um Arturo Vidal herum angereist ist, sich mehr traut als einen netten Scherenschlag.