Wo sind die Pro-Israel-Demos? Leise sein, reicht nicht

Ein Bild vom 9. Oktober: Solidaritätskundgebung für Israel auf dem Stuttgarter Marktplatz. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Palästinenser und Israel-Kritiker gehen in Stuttgart lautstark auf die Straße. Im Kontrast dazu fehlt es an öffentlich sichtbarem Rückhalt für Israelis und die jüdische Gemeinde, kommentiert Redakteur Jan Sellner.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Mehr als 3000 Menschen haben seit Freitag auf drei Kundgebungen in der Stuttgarter Innenstadt für ein Ende der israelischen Angriffe auf Gaza und gegen Israel protestiert. Sie waren laut, sie waren entschlossen, sie beherrschten das Straßenbild.

 

Keine Demonstration hingegen, bei der ebenso lautstark Solidarität mit dem von Hamas-Terroristen überfallenen Israel bekundet worden wäre. Seit einer größeren Kundgebung auf dem Marktplatz zwei Tage nach dem Terrorangriff, einer Aktuellen Debatte im Landtag und kleineren Bekundungen, war in der Stadt zuletzt öffentlich wenig an Unterstützung für Israelis und die jüdische Gemeinde zu sehen. Schon gar nicht von dem im Januar 2020 öffentlichkeitswirksam und mit prominenter landespolitischer Unterstützung in Stuttgart gegründeten Antisemitismusverein „konsequent“, der völlig abgetaucht ist.

Kein Rückzug ins Private

Die aktuellen Ereignisse in Israel und im Gazastreifen haben ihren Ausgangspunkt im Terror der Hamas vom 7. Oktober. Das Leid dort treibt auch in Stuttgart viele Menschen um, und es gibt unterschiedliche Strategien, das zu verarbeiten. Mit einem Rückzug ins Private und Unpolitische jedoch, der vielfach festzustellen ist, wird man der bleibenden historischen Verantwortung nicht gerecht.

Wie es anders geht, zeigten am Sonntag die Teilnehmer einer Solidaritätskundgebung unter dem wegweisenden Motto „Nie wieder ist jetzt“ vor dem Brandenburger Tor. Dasselbe gilt für die mehr als 100 deutschen Unternehmen, die am Wochenende öffentlich Position gegen Terror und Antisemitismus bezogen und der jüdischen Gemeinde ihren Rückhalt versichert haben. Und das unüberhörbar, denn stille Betroffenheit und leise sein, sind diesem Fall zu wenig.

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