„Das Ironisieren ist die Königsdisziplin im Kampf gegen Hate Speech“, sagt Jannes Rupf bei einem Workshop im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus in Stuttgart. Doch warum lassen einige Menschen ihrer Wut in den sozialen Netzwerken freien Lauf?

Stuttgart - Man kann sich gegen Hassmeldungen im Internet, sogenannte Hate Speech, wehren. Wie das geht, zeigten Marina Katsnelson und Jannes Rupf vom Internationalen Bund (IB) bei einem Workshop mit dem Namen #fairspeech. Dies ist eine Abwandlung des Wortes Hate Speech. Das sind Kommentare im Internet, die wahllos gegen Menschen wettern, meistens gegen Minderheiten, Frauen oder Leute, die sich für diese Menschen einsetzen. Und das Problem wird immer größer. Im vierstündigen Workshop lernten die Teilnehmenden, verschiedene Formen der Hate Speech zu unterscheiden und Wege zu finden, dagegen vorzugehen.

 

„Das Ironisieren ist die Königsdisziplin im Kampf gegen Hate Speech“, sagt Jannes Rupf. Eine gute Strategie sei es, absurde Vorwürfe weiterzuspinnen. Als Beispiel zeigt er eine Antwort der Zeitung „die Welt“ auf einen Facebook-Kommentar, der die Zeitung als „bloße Instrumente“bezeichnet hatte: „Ich bin eine Oboe und das lass ich mir auch nicht verbieten“, lautet sie.

Strom aus Hass

Nicht immer ist also Diskussion der beste Weg. „Wenn mir jemand schreibt, er wünsche, dass ich von einem islamistischen Flüchtling auf dem Heimweg vergewaltigt würde, sehe ich nicht ein, da noch sachlich zu bleiben“, schildert eine Teilnehmerin ihre Erlebnisse mit Hate Speech. Da helfe es nur noch, den Kommentar zu melden. Doch auch da sei Facebook oft zu langsam. Viele Teilnehmer äußerten auch die Befürchtung, selbst zur Zielscheibe zu werden, wenn sie sich im Netz solidarisierten. Oft schlüge ihnen ein wahrer Strom von Hass entgegen, dem sie allein gegenüber stünden. Auf Facebook gibt es eine Gruppe, die sich organisiert gegen Hass im Internet wehrt. #ichbinhier nennt sie sich. Wenn sie Hate Speech mitbekommt, stellt sich die Gruppe zusammen dagegen und argumentiert sachlich gegen die Wutströme. Auf Facebook hat sie fast 37000 Mitglieder.

Auch ein weiterer, vielleicht der rätselhafteste Aspekt der Hate Speech wird im Workshop besprochen: Warum tun Menschen so etwas? Der Auslöser sei häufig Frust, erklärt Marina Katsnelson. „Die klassischen Wutbürger kennt jeder. Und da Hass Emotionen auslöst, verbreiten sich solche Meldungen auch so gut auf Facebook.“ Denn Menschen würden auf emotionale Themen schneller reagieren. Dann teilt sie einen Text einer Diplompsychologin aus, die erklärt, dass man durch Worte psychischen Abstand zu Menschen erzeugen könne. Dies ginge so weit, dass diese Menschen neuronal in der Hirnregion verarbeitet würden, die eigentlich für Gegenstände zuständig sei. So sei es Menschen möglich, Grenzen weit zu überschreiten.

Auch Ignorieren ist eine Option

Neben der Möglichkeit, Kommentare zu melden, ihnen mit Ironie zu begegnen oder mit zu diskutieren, kann man sie natürlich auch ignorieren. So muss man sie psychisch nicht an sich heranlassen und sie bekommen weniger Aufmerksamkeit: „Wenn es mir zu viel wird, mache ich das auch“, sagt eine Teilnehmerin. „Oder ich poste ein Bild von jemandem, der sich mit der Hand gegen den Kopf schlägt.“ Mehr gibt es manchmal eben nicht zu sagen.