„Kommt mich mal besuchen!“ Doch was macht man als Erstsemester-Student, wenn Gäste aus der Heimat sich spontan ankündigen und man selbst nur den Hörsaal, die Mensa und die Studenten-Kneipe kennt? Reiseblogger geben Tipps.

Stuttgart - Das erste Semester läuft auf Hochtouren. Da kommt der Anruf aus der Heimat: „Wir kommen!“ Die Freude auf den Wochenendbesuch hält sich in Grenzen. Auf einmal sind die Fremden selbst Fremdenführer in einer Stadt, von der ihnen nur die Hörsäle und die Unikneipe vertraut sind.

 

Den unerfahrenen Gastgebern bietet die Region Stuttgart mit dem Slogan „Entdecken Sie Stuttgart“ vier verschiedene Vorschläge an, wie das Wochenende werden könnte: Verführerisch, anspruchsvoll, erfinderisch oder entspannend? Wie hätten Sie es denn gern? „Chillig und billig“, antworten die frisch gebackenen Touristenführer, die die schmale Geldbörse ihrer Freunde kennen. Bei diesen Härtefall-Bedingungen für eine Stadtbesichtigung hilft ein Blick in die Websites von Bloggern, die Stuttgart als Reiseziel empfehlen.

Den Spätzle-Shaker als Mitbringsel aus Stuttgart

Bei Viel-Unterwegs.de öffnet zum Beispiel Carina ihre Insider-Tipp-Kiste. Die Reisebloggerin lebt in Stuttgart und berichtet auf ihrer Internetseite Travel Run Play von ihren Erlebnissen rund um die Welt. Für Gäste, die sie in Stuttgart besuchen, verrät sie kurz und knackig ihre 15 Geheimtipps : „Ich hoffe, die findet ihr in keinem Reiseführer“, schreibt sie. Um abzuschalten geht Carina „super gern“ zum Eugensplatz mit dem besten Blick über die Stadt.

Ein Problem hat die Reisebloggerin allerdings mit der Schwabenmetropole: Carina mag keine Autos. „Stuttgart riecht wie Autoabgase“, schreibt sie. Die Stadt im Kessel mache ihrem Ruf „als Autostadt mit der höchsten Feinstaubbelastung Deutschlands alle Ehre.“ Nichtsdestotrotz ist das Mercedes-Benz-Museum unter ihren Top-drei-Sehenswürdigkeiten, die ein Stuttgart-Besucher dringend gesehen haben muss: „Auch für Automuffel sehr zu empfehlen, da es die deutsche Geschichte super anschaulich vermittelt!“

Weitere Tipps der Stuttgarterin: die Lamas im Killesbergpark und die historische Standseilbahn. Auch wenn laut Carina jeder Tourist garantiert eine Ritter-Sport Schokolade kaufe, empfiehlt die Bloggerin ein ganz anderes, typisches Mitbringsel aus Stuttgart-City: Den Spätzle-Shaker, mit dem die schwäbische Nudelspezialität schnell und einfach hergestellt werden kann.

Reiseblogger als weiterer Kanal zu Stuttgart-Touristen

Über zwanzig Blogger meldeten sich im vergangenen Jahr bei Stuttgarter Tourist, um für ihre Internetseiten über die baden-württembergische Hauptstadt zu sammeln. „Ansonsten will diese Gruppe lieber allein gelassen werden, um die eigenen Erfahrungen in der Stadt zu sammeln“, sagt Andrea Gehrlach. Die Prokuristin der Stuttgart Marketing GmbH freut sich, dass die Anfragen der Blogger zunehmen. „Die Reiseblogs stellen einen weiteren Kanal dar, mit dem wir andere Zielgruppen erreichen“, sagt sie.

Zusätzlich zu dem von Stuttgart Tourist geführten Reiseblog schätzt Andrea Gehrlach den Wert der Internet-Berichterstattung der jungen Stuttgart-Besucher hoch ein. Nicht nur wegen der hohen monatlichen Reichweite, die bei Reise-Websites schon mal 60.000 Zugriffe im Monat betragen kann. „In ihren Blogs finden sich viele schöne, authentische Bilder dieser Stadt“, lobt sie die Berichte und empfiehlt auch gerne den Stuttgartern, die Brille des auswärtigen Besuchers aufzuziehen. Mit dem Ergebnis, dass auch die Schwaben ein Aha-Erlebnis haben: Ok, diese Seite von Stuttgart kenne ich ja noch gar nicht.

Als Belohnung drei Bällchen Eis am Killesberg

Wer setzt sich schon als Einheimischer in den City-Bus und lässt sich durch seine Heimatstadt kutschieren? Selbst die Touristin und Reisebloggerin Rachel Sanghee Han hatte da ihre Vorbehalte: Normalerweise möge sie solche Touri-Touren überhaupt nicht, schreibt die Koreanerin auf englisch in ihrem Blog Rachel+Sanghee. Doch das Doppeldecker-Sightseeing Fahrzeug sticht ins Auge: „Du kannst den Bus nicht übersehen“, findet Rachel. Alles sei knallrot, das Fahrzeug, die Tickets, die Broschüren und die Reiseführer. Der Bloggerin gefällt’s, denn schließlich passt rot gut zu der grünen Umgebung dieser Stadt.

Bei ihrer Tour durch die Weinberge entdeckt die Bloggerin das Aussichtsreich auf der Anhöhe des Burgholzhof Bad Cannstatt und genießt dort Grillwürstchen. Aber rundum zufrieden mit sich und ihrer Städtetour ist Rachel erst, als sie am Rande des Höhenparks Killesberg drei Bällchen Scholz-Eis schleckt: City-Tourteilnehmer erhalten mit einem Coupon drei Eisbällchen für den Preis von zwei: „Don’t mind if I do – ihr habt doch nichts dagegen, wenn ich das tue“, schreibt die Bloggerin genießerisch.

32 Stunden Stuttgart für schlappe 81,90 Euro

Während Rachel die Stadt am Boden erforscht, steigt ein anderer Reiseblogger Stuttgart aufs Dach: Von der Aussichtsplattform des Stuttgarter Hauptbahnhof holt sich Neuankömmling Kash Bhattacharya – im Internet auch bekannt als der BudgetTraveller -einen ersten Überblick: „An excellant panoramic view of the city“, schreibt er in seinem Reiseblog begeistert.

32 Stunden verbrachte er in der baden-württembergischen Hauptstadt. Allein rund drei Stunden gehen dafür drauf, Selfies vor Oldtimern zu schießen. Die Fotos versieht Kash Bhattacharya mit Bilduntertiteln wie: „Me in front of the Mercedes 300 SL Coupe“.

Unterwegs in der Innenstadt führt er seine Internetgemeinde in das Bohnenviertel. Die Linsen mit Spätzle im Weinhaus Stetter passen sowohl zu dem schmalen Geldbeutel eines Weltreisenden, als auch in den hungrigen Magen, findet der BudgetTraveller: „Die Kombination von traditionell dicken Eiernudeln mit einem Gläschen Trollinger bieten eine großartige Mahlzeit“, schreibt er auf englisch. Wem der traditionelle Teil reicht, dem gibt der Blogger gern den ultimativen Tipp für den Abend: „Matahari, one of the coolest bars and nightlife hotspots in Stuttgart.“ Den Treffpunkt rund um den Hans-im-Glück-Brunnen legt er jedem Stuttgart-Besucher ans Herzen. Ein schöner Fleck zum „catchup“, bevor alle zum Feiern weiterziehen.

Der BudgetTraveller zieht nicht weiter, ohne zuvor noch die Staatsgalerie seinen Lesern zu empfehlen. Nach den eineinhalb Tagen Aufenthalt veröffentlicht er seine Bilanz: Nur 81,90 Euro betragen die Reiseausgaben für den Städtetrip – eine Investition, die auch für preisbewusste, junge Besucher überschaubar sein dürfte.

Mit dem Stadtkind zum Feiern in die Clubszene

Wer nun die Empfehlungen der Reiseblogger mit den Veranstaltungshinweisen lokaler Internetseiten kombiniert, der hat das perfekte Rezept für ein gelungenes Wochenende:

Der Szene-Blog der Stuttgarter Zeitung Stadtkind gibt Tipps und beschreibt die Highlights der Stuttgarter Clubszene.

Coole Events für Freunde von Hip Hop, Soul, Funk und Skate bietet Südhangevents auf der Facebookseite. Kommen die Eltern zu Besuch liefert Stuttgart.de hilfreiche Infos über Ausstellungen und Theaterprogramme.

Allerdings könnte so ein gelungenes Wochenende Folgen haben, mit denen frisch ausgebildete Touristenführer nicht unbedingt rechnen: „Es war so schön bei Dir in Stuttgart. Wir kommen bald wieder!“