Die Haushaltsberatungen des Kreises Böblingen sind eröffnet: Die Kreisräte unterstützen die Krankenhäuser, den ÖPNV und das Pflegepersonal. Aber es gibt noch andere Wünsche.

Böblingen - Umschlossen von der Rennbahn, die sich im Innern des Sindelfinger Glaspalastes befindet, drehte am Montag auch der Kreistag seine Haushaltsrunde. Dabei ging es nicht nur um die Kreisumlage, das Geld also, das die Gemeinden an die Kreiskämmerei bezahlen. Es ging um die Krankenhäuser, um den öffentlichen Personen-Nahverkehr und nicht zuletzt um Covid. Freie Wähler

 

Mit einem Riesendank an die Beschäftigten im Gesundheitswesen begann der Herrenberger Oberbürgermeister Thomas Sprißler für die Freien Wähler seine Haushaltsrede. 790 Millionen Euro investiere der Kreis ins Gesundheitswesen. Die Investitionsoffensive habe im Flugfeld-Klinikum begonnen, und werde in Leonberg und Herrenberg weitergeführt. Ein großes Problem sei weiterhin der Fachkräftemangel. Die Freien Wähler unterstützen die Zusammenführung der Häuser in Böblingen und Sindelfingen auf dem Böblinger Flugfeld, um den Klinikverbund als Ganzes zu stärken. Auch den vom Kreis angeschobenen Ausbau des Herman-Hollerith Zentrums als Hochschule begrüßte er, forderte aber, das das Land solle bei der Finanzierung mithelfen, wie bei jeder anderen Hochschule auch. Er erinnerte den Landrat Roland Bernhard an seine jüngst beschworen vier Ws: „Wandel, Wende, Werte, Weiter so“, und hoffte auf zwei weitere Ws: „Weitsichtige Beratungen und weitsichtige Entscheidungen.“ Eine dieser Entscheidungen könnte lauten, die Kreisumlage von 29,9 auf 29 Prozent zu senken.

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CDU Helmut Noë, Sprecher der CDU, bereitet es Sorge, dass die Kreiskrankenhäuser ins Defizit laufen. Für dieses Jahr seien einmal 18 Millionen Euro geplant gewesen, jetzt sei man bei 24 Millionen Euro. Diese Entwicklung werde so lange anhalten, bis das Flugfeldklinikum gebaut sei. Immerhin liege man noch bei den Kosten noch im Plan mit rund 573 Millionen Euro.

Die CDU-Fraktion erkennt grundsätzlich den Investitionsbedarf in den Schulgebäuden an. Im Hinblick auf das Ziel, den Kreis bis 2035 klimaneutral zu machen, sind vor allem energetische Sanierungen ein wichtiger Baustein. Angesichts der sprudelnden Steuereinnahmen wünscht sich die CDU eine maßvolle Senkung der Kreisumlage. Die Grünen Die Fraktion der Grünen und ihr Vorsitzender Roland Mundel betonen, dass der Landkreis Böblingen die Einnahmen im Sozialbereich und im Gebäudemanagement benötigt. Weil der Kreis Böblingen einer der wirtschaftlich stärksten Kreise in der Republik sei, solle er bei der Nachhaltigkeit als Vorbild für die Republik dienen. Die Grünen unterstützen daher das Ziel, bereits zum Jahr 2035 eine nachhaltige Landkreisverwaltung zu erreichen. Dazu dienten Konzepte, die der neu gegründete Nachhaltigkeitsbeirat gerade ausarbeite. Dazu diene auch ein Mobilitätsangebot mit einem Schwerpunkt im ÖPNV und im Radwegenetz. Mundel hält den Hebesatz der Kreisumlage von 29,9 Prozent für angemessen.

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SPD Ganz oben in der Agenda des Fraktionsvorsitzenden Tobias Brenner stehen die sozialen Themen. Ein ehrgeiziges Ziel ist es, ein „Haus des Jugendrechts“ zu schaffen, wo Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht unter einem Dach sitzen, um Jugendkriminalität zu ahnden und zu verhindern. Ebenso habe sich der lange Atem der SPD im Blick auf ein Frauen- und Kinderschutzhaus gelohnt. Nachdem ein Grundstück und ein Betreiber gefunden sei, könne der Bau beginnen, sofern der Bund mitfinanziere. Die SPD unterstützt das Schulbausanierungs- und Schulentwicklungsprogramm. Ebenso unterstützen die Sozialdemokraten die Fortsetzung der Sprachförderung und Integrationsangebote für Flüchtlinge.

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FDP Einen eher kritischen Beitrag leistete der FDP-Fraktionsvorsitzende Dieter Maurmaier. Nachdem die Einnahmen des Kreises gestiegen seien, sah er es als erste Pflicht an, die Schulden zu tilgen, „wie das jeder gute Kaufmann machen würde.“ Die viel gescholtene Schönbuchbahn schalt auch er: „Wie konnte es kommen, dass in die Züge die falschen Bremsen eingebaut wurden?“, fragte er, „was stand eigentlich im Pflichtenheft?“ Unerträglich fand er es, dass die Politik angesichts der Rekorderkrankungen der Pandemie nicht handele und unerträglich fand er, dass sich Menschen, immer noch nicht impfen ließen.

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Die Linke Die einzige Frau unter den Rednern war Ingrid Pitterle, von den Linken. „Mit jeder Corona-Welle wird das Gesundheitssystem schwächer, weil das Klinikpersonal erschöpft und ausgepowert ist“, sagte sie. Besonderes Augenmerklegen die Linken auf explodierende Mieten und Benzinpreise. Die Fraktion beantragt daher für die Mitarbeiter des des Kreises eine Ballungsraumzulage in Höhe von 100 Euro monatlich und für Außendienstler steuerfreie Benzingutscheinen. AfD Maximilian Evers von der AfD hatte im Kern zwei Anliegen an die Kreisverwaltung. Zum einen wünscht sich die Fraktion eine Kampagne für die deutsche Identität, die deutsche Geschichte, deutsches Brauchtum und mehr beinhaltet. Zum anderen möchte die AfD „den Bereich im Landratsamt mit einem größeren Budget stärken, der dafür verantwortlich ist, dass Flüchtlinge zurückgeschickt werden“.

Die wichtigsten Zahlen im Kreishaushalt

Ertrag
 Die gesamten Erträge des Kernhaushalts liegen bei 472 Millionen Euro. Durch die Kreisumlage nimmt der Kreis rund 216 Millionen Euro ein. Die Zuweisungen von Bund und Land machen rund 100 Millionen Euro aus, die Kostenerstattungen und die Schlüsselzuweisungen je rund 41 Millionen Euro.

Aufwendungen
 Bei den gesamten Aufwendungen kommt der Landkreis Böblingen auf rund 470 Millionen Euro. Größter Brocken davon ist mit fast 273 Millionen Euro der Bereich Soziales. Weitere große Posten sind der öffentliche Nahverkehr sowie die Kliniken und die Straßen.