Jahrelang kamen die Kommunen bei der Erschließung neuer Wohngebiete kaum noch hinterher. Nun machen Städte und Gemeinden landauf und landab die gleiche Erfahrung: Weil sich potenzielle Bauherren den Traum vom Eigenheim auch angesichts steigender Bauzinsen nicht mehr erfüllen können, bleiben Kommunen auf ihren Bauplätzen sitzen.
Wendlingen hat ähnliche Probleme. Nachdem der Run auf die Grundstücke im neuen Baugebiet Steinriegel, Lage am nord-östlichen Ortsrand in Richtung Wernau, zuerst groß war, stehen dort immer noch 16 Bauplätze zum Verkauf. Dazu kommen weitere Grundstücke im benachbarten Lauterpark Ost. Für die „Ladenhüter“ läuft derzeit ein weiteres Vergabeverfahren – auch gewerbliche Interessenten und Investoren sind nun zugelassen. „Die Resonanz ist da. Wir werden zwar nicht überrannt, aber es liegen bereits einige Angebote vor und einige Kandidaten haben sich informiert“, sagt Jens Fritz, der Leiter der Stabsstelle für Wirtschaftsförderung, Grundstücksverkehr und Recht bei der Stadt Wendlingen. Er hofft, dass von dieser Seite bis zum Ende der jeweiligen Bewerbungsfrist, noch das eine oder andere Angebot eintrudelt.
Bauzinsen und Schicksale
Bei der Vergabe der Grundstücke im Steinriegel und im Lauterpark Ost hatte sich die Stadt für unterschiedliche Verfahren entschieden. Bei den insgesamt 20 städtischen Reihen- und Doppelhausgrundstücken zählten soziale und ortsbezogene Kriterien. Bis Ende 2021 wurden knapp 150 Bewerbungen eingereicht, von denen 44 zugelassen wurden – eigentlich genug Interessenten für die zur Verfügung stehenden 20 Areale.
Zunächst waren auch alle Grundstücke vergeben. Letztlich sind laut Fritz aber nur zehn Kaufverträge in trockenen Tüchern. Die Gründe der Absagen waren aber weder hier noch bei den exklusiven Einfamiliengrundstücken nur mit der Kostenexplosion am Bau und den steigenden Zinsen verbunden. Einige Interessenten mussten auch mit Schicksalsschlägen fertig werden: „Etwa eine Krankheit und der Hauptverdiener ist ausgefallen. Da würde ich mir auch keine Immobilienfinanzierung ans Bein binden“, sagt der Wirtschaftsförderer verständnisvoll. Auch, dass die Stadt bei den Reihenhäusern Bauherrengemeinschaften gebildet hat, etwa um ein einigermaßen einheitliches Bild bei der Außengestaltung zu gewährleisten, erwies sich manchmal als Stolperstein.
Grundstücke im Angebot
Von den übrig gebliebenen Reihen- und Doppelhausgrundstücken können aktuell eventuell drei über das Nachrückverfahren vergeben werden, daneben sind noch zwei Riegel mit jeweils vier Reihenhäusern vakant. Für einen der Riegel hat die Stadt das Verfahren für Investoren geöffnet. Für den zweiten Vierer-Riegel soll eine private Baugemeinschaft gefunden werden. Die Vergabe ist an die Bewerbung geknüpft und die Entscheidung liegt beim Stadtrat.
Von den ursprünglich 17 kommunalen Einfamilienhaus-Grundstücken haben weiterhin sechs noch keinen Interessenten gefunden. Die ursprüngliche Verfahrensweise in Form von zwei Versteigerungen zum Höchstpreisverfahren hatte für Wirbel gesorgt. Die Argumentation der Stadt lautete damals: Es liege der Verwaltung fern, die Baupreise in die Höhe treiben zu wollen. Denn wer sich einen solchen Bauplatz leisten könne, den müsse man nicht von öffentlicher Seite auch noch subventionieren. Da die übrig gebliebenen Areale alle eine Größe von fünf Ar oder mehr haben, wird schon allein für den Kauf des Grundstücks ein ordentliches Sümmchen fällig. Auch für die sechs Einfamilienhaus-Grundstücke sind nun gewerbliche Anbieter zugelassen. Fritz ist zuversichtlich, dass sich bald Interessenten finden: „Zumindest für die Grundstücke im oberen Bereich des Neubaugebiets. Die Lage ist attraktiv.“ Die Stadt hat zudem eine 18 Ar große Fläche am Rand des Lauterparks Ost übrig, für die eine Mischnutzung mit Gewerbe vorgesehen ist. Die Bebauungsfrist liegt bei drei Jahren. Für alle Angebote gibt es Bewerbungsfristen. Der Stadt Wendlingen steht es aber frei, die Fristen zu verlängern.
Das passiert mit nicht rechtzeitig bebauten Grundstücken
Bebauungsfrist
Mit Zustimmung der Stadt können Bebauungsfristen bei einigen der Grundstücke um jeweils zwei Jahre verlängert werden. Wenn ein Käufer sein Grundstück dennoch nicht fristgerecht bebaut, wird entweder eine Vertragsstrafe fällig oder die Stadt hat das Recht, das Grundstück zurückzukaufen.
Ablauf
Bleibt die Stadt wegen des Ablaufs der Bebauungsfrist auf ihren Bauplätzen sitzen, gilt diese Bebauungsfrist im Prinzip auch für sie selbst. „Das ist aber eher ein moralisches Ziel“, gibt Jens Fritz, der Leiter der Stabsstelle für Wirtschaftsförderung, Grundstücksverkehr und Recht bei der Stadt Wendlingen, zu.
Folgen
Die rechtlichen Folgen einer solchen Situation seien schwierig umzusetzen, sagt Jens Fritz. Für eine Umnutzung der Grundstücke, wenn die Stadt zum Beispiel eines der Einfamilienhausgrundstücke für den sozialen Wohnungsbau nutzen wollte, müsste zunächst der Bebauungsplan geändert werden.