Das Concierge-Projekt in Botnang-Nord hat seinen Teil dazu beigetragen, dass sich das Image verbessert hat.

Stuttgart-Botnang - Pöbeleien, beschmierte Wände, zerkratzte Autoscheiben, nächtliche Ruhestörung und eine zunehmende Anonymisierung der Wohnanlage rund um die Paul-Lincke-Straße in Botnang-Nord: Bis zum Jahr 2007 war dies fast trauriger Alltag. Das Gebiet mit seinen rund 570 Bewohnern hatte nicht den besten Ruf. „Eine Gruppe Jugendlicher, die gar nicht hier wohnte, hat zusätzlich Unruhe gestiftet“, sagte der damalige Vorsitzende der Geschäftsführung der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG), Wilfried Wendel. Immer wieder hatte es Klagen über Jugendliche und junge Erwachsene gegeben, welche die Anwohner schikanierten. Erst als die SWSG einen Security-Dienst engagierte, kehrte Ruhe ein. Doch es war klar, dass die breitschultrigen Männer keine Dauerlösung vor Ort sein konnten.

 

Damit sich die Situation langfristig ändert, eröffnete die SWSG im September 2007 ein Concierge-Büro. Jeweils zwei Ein-Euro-Jobber waren täglich von 7 bis 23 Uhr vor Ort, an Tagen mit erhöhtem Nachtschwärmeraufkommen auch länger. Sie waren Ansprechpartner für die Bewohner, drehten ihre Runden durch die Siedlung, unterstützten den Hausmeister und nahmen auch Pakete entgegen. „Alle Erwartungen, die wir in dieses zusätzliche Serviceangebot gesetzt haben, sind mehr als erfüllt worden“, sagte Wendel ein paar Monate nach Start des Concierge-Büros. Mittlerweile ist aus dem Pilotprojekt eine feste Einrichtung geworden.

Seit März 2015 ist das Sozialunternehmen Neue Arbeit gGmbH Träger des Projekts und damit Partner der SWSG. Acht Leute sind im Wechsel vor Ort – zwei haben einen festen Arbeitsvertrag, vier sind sogenannte Ein-Euro-Jobber und zwei Personen arbeiten ehrenamtlich mit. „Das Concierge-Büro ist von 9 bis 23 Uhr besetzt – am Wochenende von 9 bis 16.30 Uhr“, sagt Stefan Klinkert von der Neuen Arbeit. Kontrollgänge gehören weiterhin zum Aufgabenprofil, genauso wie Pakete annehmen oder Nachbarschaftshilfe. „Auch ein Schwätzchen mit den Bewohnern zu halten, ist wichtig“, sagt Klinkert.

Nachbarschaftsgespräche sind angelaufen

Nun, nach 13 Jahren, soll das erfolgreiche Concierge-Projekt auf neue Beine gestellt werden, wie Klinkert gegenüber unserer Zeitung betont. „Um die sozialen Angebote im Quartier weiterzuführen und diese stärker auf die Bedürfnisse und Wünsche der Bewohnerinnen und Bewohner anzupassen, haben die SWSG, das Sozialamt Stuttgart, das Bezirksamt Botnang und die vor Ort tätigen sozialen Träger, inklusive der Neuen Arbeit, ein Beteiligungsprojekt unter dem Titel ,Nachbarschaftsgespräche – zusammen leben, aber wie?‘ ins Leben gerufen“, erklärt SWSG-Pressesprecherin Saskia Bodemer-Stachelski. „Hier können Bewohnerinnen und Bewohner ihre Wünsche für das Dienstleistungsangebot und Ideen für ein gutes, generationenübergreifendes Zusammenleben im Quartier einbringen und so einen Beitrag zur gemeinsamen Gestaltung der Nachbarschaft leisten.“ Auch Kinder könnten sich beteiligen und beispielsweise Ideen zur Verbesserung der Spielflächen sammeln.

Das erste Nachbarschaftsgespräch hat Ende September stattgefunden, weitere geplante Veranstaltungen im laufenden Jahr wurden Corona-bedingt verschoben beziehungsweise finden in virtueller Form statt – wie zum Beispiel am 15. Dezember. „Im kommenden Jahr soll die Reihe vor Ort fortgesetzt werden“, sagt Bodemer-Stachelski. Beteiligen können sich alle Bewohner der Paul-Lincke-Straße 2 bis 14. Dabei werden in Diskussionsrunden in kleineren Gruppen verschiedene Themen besprochen. Gemeinsam mit den Akteuren vor Ort – dem Familien- und Nachbarschaftszentrum, der Wohnbegleitung der Arbeiterwohlfahrt, dem Concierge-Service der Neuen Arbeit und der SWSG – werden die Anregungen und Ideen gesammelt, wie das Zusammenleben verbessert werden kann. „Die Akteure erarbeiten basierend auf den Vorschlägen der Bewohner ein Konzept oder einen Maßnahmenplan“, sagt die SWSG-Pressesprecherin. „Beispielsweise wurde im ersten Nachbarschaftsgespräch die Gestaltung der Außenanlagen thematisiert, für die sich die Bewohnerinnen und Bewohner vielfältigere Spielflächen für Kinder und eine verbesserte Bepflanzung wünschen.“ Für das kommende Jahr sei deshalb ein gemeinsamer Quartiersspaziergang mit den Bewohnern vorgesehen, bei dem vor Ort konkret die Möglichkeiten der Umgestaltung besprochen werden sollen. Angedacht ist auch, dass die Bewohner bei der Umsetzung der neuen Projekte eingebunden sind, sodass beispielsweise zusammen Hochbeete gebaut oder Blumenwiesen angelegt werden. Mit den Ergebnissen des Beteiligungsverfahrens sowie dem Konzept oder Maßnahmenplan sei im Frühsommer zu rechnen. Solange das neue Konzept noch nicht umgesetzt ist, bleibt das aktuelle Angebot bestehen.