Trübe Stimmung in der Immobilienbranche: Drastische Zahlen werden beim City-Report für Stuttgart vom Immobilienverband IVD Süd präsentiert. Doch von der viel beschworenen Stadtflucht kann trotzdem keine Rede sein.

Bauen/Wohnen: Tomo Pavlovic (pav)

Keine Frage, die Zeiten historischer Niedrigzinsen sind erst einmal vorbei. Und das hat weitreichende Auswirkungen auf den Immobilienmarkt, nicht nur, aber auch in Stuttgart. Die zuletzt stark anwachsenden Hypothekenzinsen in Verbindung mit weiterhin steigenden Baukosten sowie einer nachlassenden Konjunktur erschweren den Traum vom Eigenheim für viele Kaufinteressenten massiv.

 

Stephan Kippes vom Marktforschungsinstitut des Immobilienverbandes Deutschland Süd (IVD) berichtet von einem vorläufigen Ende des scheinbar ungebremsten Wachstums in der hiesigen Immobilienbranche und belegt diese Entwicklung mit einer „einigermaßen atemberaubenden“ Zahl zum Rückgang der Baugenehmigungen beim Wohnungsbau: Minus 32,6 Prozent!

Einbruch bei den Baugenehmigungen

So wurden im abgelaufenen Jahr 2022 nach vorläufigen Zahlen des statistischen Landesamts lediglich 909 Wohneinheiten im Wohnbau in Stuttgart genehmigt, also knapp ein Drittel weniger als im Vorjahreszeitraum. „Der Einbruch der Baugenehmigungen und damit der Rückgang der Bautätigkeit wird ein massives Problem in der Region Stuttgart wie auch in Baden-Württemberg werden. Dies wird die Wohnungsprobleme von morgen produzieren“, prognostiziert Stephan Kippes.

Die zunehmend restriktive Kreditvergabe der Banken und die wegen der explodierenden Materialpreise schwer kalkulierbaren Projektkosten führten nach Einschätzung der Experten vom IVD dazu, dass der Wohnungsneubau stockt. Viele Projekte würden derzeit zurückgestellt oder ganz gestoppt.

Tausend Euro mehr im Monat

Der Wunsch nach einem Eigenheim in Stuttgart kann von einer immer kleiner werdenden, finanzstarken Gruppe finanziert und realisiert werden. Dass die Zahl derjenigen, die sich so etwas leisten können, sinkt, liegt hauptsächlich an der Inflation und an den steigenden Kreditzinsen. Stephan Kippes belegt das an einem eindrucksvollen Zahlenbeispiel. Wer noch 2020 eine Immobilie für 500 000 Euro bei einem Eigenkapital von 150 000 Euro mit Hilfe der Bank finanzieren wollte, zahlte rund 800 Euro monatlich ab. Heute muss man für dasselbe Objekt 1800 Euro an seine Bank überweisen.

Stabile Mietpreise

Das Interesse an Eigentumswohnungen sinkt folglich, dafür wächst die Angebotsmenge an Kaufobjekten. Die Folge sind sinkende Preise. Allerdings schlägt sich das Marktgesetz nicht bei den Mieten nieder, was sich aber schnell ändern könne. Hier beobachtet Kippes zunächst eine stabile Preissituation. Laut IVD-Institut liegen die Monatsmieten im Frühjahr 2023 in Stuttgart für Altbauwohnungen bei 15,50 Euro pro Quadratmeter, bei Bestandswohnungen bei 15,40 Euro, für Neubauwohnungen bei 16,80 Euro. Ganz ähnlich war das im vergangenen Herbst.

Bestehende Lieferengpässe

Apropos Materialpreise: Flachglas ist um 49,3 Prozent teurer geworden, Blankstahl um 39,1 Prozent, Spanplatten um 33,4 Prozent. Das Bild ist nicht neu, die Ursachen für den starken Preisanstieg sind vielfältig. Ein Grund, so Stephan Kippes, sei der anhaltende Krieg in der Ukraine, der die ohnehin bestehenden Lieferengpässe noch verstärkt habe.

Für Eigentumswohnungen in Stuttgart wird ein Quadratmeterpreis von 5500 Euro veranschlagt. Bei Objekten im oberen Segment gehen die Preise bei knapp 11 000 Euro los. Im Neubau werden im Stadtbereich durchschnittlich 8800 Euro bezahlt; in der Spitze bewegen sich die Kaufpreise bei 16 300 Euro.

Stuttgart bleibt attraktiver Wohnort

Die beschriebene Entwicklung auf dem städtischen Immobilienmarkt ist alles andere als einfach, doch den viel beschworenen Trend von der Stadtflucht kann das Studienteam des IVD-Instituts nicht feststellen, im Gegenteil. Für zu-, um- und wegziehende Stuttgarterinnen und Stuttgarter bleibe die Landeshauptstadt nach wie vor ein attraktiver Wohnstandort.

Der Wegzug aufs Land lohne sich selten, da die steigenden Kosten für die Mobilität eine ebenfalls immer größere Rolle spielten. Zudem müsse man „immer noch bei jeder Wohnungsbesichtigung nach der Stabilität der Internetverbindung fragen“, so Stephan Kippes, „was peinlich genug ist.“ Doch das werde sich in absehbarer Zeit in diesem Land auch nicht ändern, da ist man sich sicher.