Am 31. Januar muss der muslimische Verein VKBI sein Wohnheim in Echterdingen schließen, in dem auch Flüchtlinge leben. Die Stadt hilft den Bewohnern zunächst nicht bei der Wohnungssuche; sie sollen selbst aktiv werden. Doch die Suche ist problematisch.

Leinfelden-Echterdingen - Für Omar K. wird es langsam eng. Fünf Wohnungen hat der syrische Flüchtling in den vergangenen Wochen angeschaut, darunter auch fragwürdige Wohngemeinschaften, mit denen die Eigentümer viel Geld machen, weil sie jedes Zimmer für 400 Euro vermieten. Bisher hat der Syrer keine neue Bleibe gefunden, obwohl er sich gemeinsam mit Gisbert Siegmund mehr als bemüht hat. „Es ist sehr schwierig für Flüchtlinge, eine Wohnung zu finden“, sagt der Flüchtlingshelfer.

 

Das Problem: Omar K. wohnt seit eineinhalb Jahren in dem muslimischen Wohnheim, das an der Karlsruher Straße 15- 17 und damit in Echterdingen liegt. Spätestens in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag muss er sein Zimmer dort geräumt haben. Sonst wird ein Bußgeld von 500 Euro fällig.

Der Verein Kultur, Bildung und Integration (VKBI), der selbst nur Mieter der beiden Gebäude ist, muss das Heim Ende Januar schließen. Denn dann läuft die von der Verwaltungsspitze gesetzte Frist ab. Sonst hat er laut Vereinsvorsitzenden Hasan Matur 10 000 Euro an die Stadt zu überweisen. Grund für die Schließung des Heimes ist vor allem der Brandschutz (wir berichteten). Die Situation dort ist laut Bauverwaltung nicht haltbar. Der Verein hat zwar einige notdürftige Maßnahmen getroffen. Dennoch sei dort ein dauerhaftes Wohnen nicht möglich. Zudem liegt das Heim am Rande eines Gewerbegebietes. Planungsrechtlich ist ein Wohnen an dieser Stelle überhaupt nicht vorgesehen.

Omar K. ist mit seinem Problem nicht allein. 35 Männer, darunter auch Flüchtlinge mit Bleiberecht, haben die Kündigung erhalten. Die Stadt hat sämtlichen Bewohnern das gleiche Schreiben geschickt und darin Zwangsgelder angedroht. Vereinsvorsitzender Matur beschreibt unserer Zeitung die Situation wie folgt: „Einige Bewohner werden ausziehen, andere haben es zugesagt, einige kämpfen noch.“

Verpflichtet, nach jedem Strohhalm zu greifen

Fest steht: Noch bis Mittwoch sind die Männer verpflichtet, nach jedem Strohhalm zu greifen, der sich ihnen bietet. „Soweit geht ihre Mitwirkungspflicht“, sagt Bürgermeister Carl-Gustav Kalbfell unserer Zeitung. Sie sind auch angehalten, Freunde, Bekannte und Helfer zu fragen, ob sie ihnen, und sei es nur übergangsweise, Unterschlupf bieten können. Auch ein Umzug in eine andere Kommune wird angeraten. Die Stadt L.-E. will erst dann aktiv werden, wenn die Bewohner tatsächlich obdachlos sind, also mit Sack und Pack auf der Straße stehen. „Wir fahren auf Sicht“, sagt Kalbfell. Er sagt aber auch: „Es muss niemand unter der Brücke schlafen.“

Will heißen, wer am Mittwoch tatsächlich ohne eine feste Bleibe ist, soll sich beim Amt für soziale Dienste oder dem Bürger- und Ordnungsamt melden. Ihm wird dann ein Bett zugewiesen. „Wir wollen spontan reagieren“, stellt der Bürgermeister klar. Was aber nicht heiße, dass die Stadt die Sache nicht ernst nehme.

Diese Vorgehensweise hat man auch jenen Bewohnern erklärt, die bereits bei der Verwaltung in dieser Angelegenheit vorgesprochen haben. Immerhin hat man ihnen geraten, sich in der Wohnungsnotfallkartei der Stadt registrieren zu lassen.

Verlust der Privatsphäre droht

Die Stadt ist am Mittwochabend verpflichtet zu reagieren. „Obdachlosigkeit ist zu beheben“, sagt Kalbfell. Im schlimmsten Fall steht das zugewiesene Bett allerdings in einem Zelt auf dem Echterdinger Renault-Gelände. Denn sämtliche Obdachlosen- und Flüchtlingsunterkünfte der Stadt sind laut Kalbfell voll. „Die beiden Zelte auf dem Renault-Gelände sind dagegen leer“, sagt er. Der Landkreis hatte dort Asylsuchende untergebracht. Mittlerweile braucht er diese Unterkünfte offenbar nicht mehr. Die Stadt führt auch Gespräche mit der Kreisverwaltung, ob in den Containern, die auch auf dem Gelände stehen, Plätze frei sind.

Gisbert Siegmund kann diese Vorgehensweise nicht verstehen. Denn: „Das ganze Ding läuft seit 2016.“ Die Stadt hätte also genug Zeit gehabt, sich etwas Vernünftiges zu überlegen. Omar K. und auch andere Bewohner befürchten, dass sie ihre Privatsphäre, die in einem eigenen Zimmer gewährleistet ist, wieder verlieren werden.

Mit der Zeit hatte auch Oberbürgermeister Roland Klenk im November argumentiert. Er hatte damals unserer Zeitung gesagt: „Wir sprechen über diesen Fall seit gut einem Jahr.“ Seitdem wisse der Verein, dass Wohnen an der Karlsruher Straße 15-17 nicht möglich ist.