Damit vorhandener Wohnraum nicht leer steht, will das Land Vermieter mit einer Prämie locken. Seit dem Start im Jahr 2020 sei das Projekt ein voller Erfolg, sagt das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen. Stimmt das?

Leer stehender Wohnraum ist besonders da ärgerlich, wo die Wohnungsnot ohnehin groß ist – auch die Landeshauptstadt gilt als Kommune mit angespanntem Wohnungsmarkt. Im Juli bezeichnete der Stuttgarter Mietervereinsvorsitzende Rolf Gaßmann Wohnhäuser, die wie im Stadtteil Heumaden schon zehn Jahre und länger leer stehen, als „Orte der Schande“.

 

Damit leere Wohnungen zügig vermietet werden, hat das Land im Jahr 2020 die so genannte Wiedervermietungsprämie eingeführt. Stand eine Wohnung mindestens sechs Monate leer und wird wieder vermietet, belohnt das Land die Kommune mit einer Prämie in Höhe von zwei Netto-Kaltmieten pro Wohnung, maximal 2000 Euro. Die Prämie kann dann von den Kommunen an die Vermieter weitergegeben werden – dem Land ist die direkte Weitergabe aus haushaltsrechtlichen Gründen untersagt.

Nun hat das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen Bilanz gezogen und bezeichnet das Projekt als vollen Erfolg. Im vergangenen Jahr seien 184 zuvor lange leer stehende Wohnungen in 51 Städten und Gemeinden wiedervermietet worden – rund 222 000 Euro an Prämien wurden an die Kommunen ausbezahlt. Seit dem Start der Prämienregelung wurden insgesamt 256 Wohnungen wieder vermietet.

In der Jahresbilanz tauchen die großen Städte des Landes nicht auf

Die meisten Wiedervermietungen gab es im vergangenen Jahr in Schwäbisch Gmünd (28 Wohnungen) – knapp 29 000 Euro gingen an die Kommune. Auf den Spitzenreiter folgen kleinere Städte wie Sindelfingen (15), Tuttlingen (12) und Weinstadt (11). „Die Daten zeigen, dass das Programm für größere Städte offenbar nicht so interessant ist“, sagt ein Sprecher des Ministeriums. Warum ist das so?

In Stuttgart gibt es seit 2016 das sogenannte Zweckentfremdungsverbot, das Städten die Möglichkeit gibt, knappen Wohnraum zu schützen, erklärt eine Sprecherin der Stadt Stuttgart. Dadurch soll verhindert werden, dass Wohnraum für gewerbliche oder berufliche Zwecke genutzt wird. Steht in Stuttgart eine Wohnung, die an sich dem Wohnungsmarkt zur Verfügung stehen würde, länger als sechs Monate leer, gilt das ebenfalls als Zweckentfremdung.

Überwiegend wegen der Nutzung als Ferienwohnung oder wegen Leerstands wurden bis Ende 2019 in der Landeshauptstadt 1161 Verfahren wegen Zweckentfremdung eingeleitet, heißt es im Stuttgarter Wohnungsmarktbericht 2021. Kritik gab es in der Landeshauptstadt mehrfach an der Durchsetzung des Verbots. Erst im November rief der Vorwurf, hundert Wohnungen in der Stadt würden illegal zur Prostitution genutzt, den Mieterverein auf den Plan.

Durch das Zweckentfremdungsverbot ist eine Wohnung, die in Stuttgart länger als sechs Monate leer steht, also rechtswidrig. Entsprechend kann die Wiedervermietungsprämie nicht ergänzend zum Verbot angewandt werden – andernfalls würde das zuvor rechtswidrige Vorgehen belohnt. In Frage für die Prämie kämen also nur Wohnungen, die schon vor Einführung des Verbots, also vor 2016, leer standen, heißt es vonseiten der Stadt. „Das sind quantitativ jedoch sehr wenige Einheiten, die zudem häufig durch den langen Leerstand in schlechtem Zustand sind, also Investitionen erfordern würden, die über der Höhe der Prämie liegen“, sagt eine Sprecherin. Außerdem sei die Leerstandsquote in Stuttgart gering.

Um knappen Wohnraum zu schützen, gibt es das Zweckentfremdungsverbot auch in anderen Städten, zum Beispiel in Freiburg, Mannheim und Heidelberg. In Karlsruhe wird die Einführung geprüft.

Was ist der Schlüssel?

In Schwäbisch Gmünd hingegen hat man mit der Wiedervermietungsprämie gute Erfahrungen gemacht. Mit 28 vermittelten Wohnungen 2022 hat das Projekt dort besser gefruchtet, als in jeder anderen Kommune des Landes. Markus Herrmann, Sprecher der Stadt, erklärt den Erfolg durch ein Vertrauensverhältnis zwischen Vermietern und Kommune, das über Jahre aufgebaut worden sei. Das Programm Raumteiler, das auch andere Kommunen des Landes nutzen, animiere Vermieter dazu, Wohnraum auch Personen zur Verfügung zu stellen, die auf dem Wohnungsmarkt sonst wenig Chancen haben.

Im Zuge der Ukraine-Krise seien der Stadt so 350 Wohnungen und Häuser angeboten worden, 150 davon konnten an Flüchtlinge vermittelt werden. Für 28 dieser Objekte beantragte die Stadt bei der Landsiedlung Baden-Württemberg die Prämie, alle 28 Fälle wurden bewilligt. „Die Gmünder Wohnraumoffensive Raumteiler hat für Wohnungsnotfälle, das sind insbesondere Obdachlose, von Obdachlosigkeit bedrohte Haushalte oder Flüchtlinge, eine spürbare Verbesserung der Situation gebracht. Die Wiedervermietungsprämie ist dabei ein positiver Nebeneffekt“, sagt Herrmann.

Das Antragsverfahren

Anliegen.
Mit der Wiedervermietungsprämie will das Land Anreize zur Aktivierung von leer stehendem Wohnraum setzen. Die Gewährung der Prämie setzt voraus, dass der Wohnraum zum Zeitpunkt der Antragsstellung länger als sechs Monate leer steht. Die Prämie beträgt zwei Nettomonatskaltmieten, maximal 2000 Euro je weitervermieteter Wohnung .

Antrag.
Antrag, Genehmigung und Zahlung wird über die Landsiedlung Baden-Württemberg GmbH mit Sitz in Stuttgart abgewickelt. Antragsteller sind die Kommunen, einschließlich der Landkreise.

Antragsberechtigte
Vermieter, die über leer stehenden Wohnraum verfügen und in deren Kommune kein Zweckentfremdungsverbot besteht, können mit ihrer Kommune in Kontakt treten. Diese agiert als Beraterin und Vermittlerin für Wohnraum vor Ort.