Ältere Bürger können seit März 2500 Euro für den Umzug in eine kleinere Wohnung erhalten – wenn sie damit ihre Immobilie für Familien freimachen. Aber es gibt eine große Hürde.

Marbach - Mit dem Beschluss, eine Umzugsprämie für Senioren einzuführen, haben die Marbacher Stadträte ein gewaltiges Medienecho ausgelöst. Selbst große TV-Sender wie ARD und RTL wurden hellhörig und streckten ihre Fühler aus, um über das Modell zu berichten, mit dem Marbach wohl deutschlandweit eine Vorreiterrolle einnimmt. Doch die Idee, durch die Prämie an mehr Wohnraum für Familien zu kommen, fruchtet nicht. Die Regelung gilt seit dem 1. März. Und bis dato musste die Kommune die 2500 Euro, die Senioren bei einem Umzug in eine kleinere Wohnung bekommen sollen, in keinem Fall überweisen, sagt der Hauptamtsleiter Thomas Storkenmaier.

 

Dabei hapert es nicht daran, dass kein Interesse vonseiten der älteren Marbacher vorhanden wäre. Thomas Storkenmaier hat verschiedene Anfragen auf seinem Schreibtisch, bei denen die Prämie durchaus zum Tragen kommen könnte. So möchte beispielsweise eine Frau innerhalb von Marbach in eine Wohnung mit weniger Quadratmetern ziehen. Eine andere Frau gesetzteren Alters will sich aus Marbach in Richtung Affalterbach verabschieden, um dort im betreuten Wohnen eine neue Heimat zu finden. Beides sind Konstellationen, die im Grunde wie geschaffen für die Prämie wären. Gäbe es dabei nicht einen entscheidenden Haken: Der Eigentümer der jeweiligen Immobilie muss mitspielen und den frei werdenden Wohnraum an eine Marbacher Familie vermieten oder verkaufen, die seit mindestens zwei Jahren in der Stadt lebt. „Das muss man jetzt sehen, ob die das wollen und machen“, sagt Thomas Storkenmaier.

Wo leben die Besitzer?

Als Schwierigkeit dürfte sich erweisen, dass die Stadt hierbei komplett auf den guten Willen des Immobilienbesitzers angewiesen ist. „Der könnte natürlich sagen: Das geht mich nichts an“, gibt Storkenmaier zu bedenken. Zumal die Eigentümer nicht immer in Marbach verwurzelt sind. Bei einer der ihm vorliegenden Fälle stamme derjenige, dem die Immobilie gehört, beispielsweise aus Kornwestheim. Dazu komme, dass bei solchen Gemengelagen ein gezielter Anreiz für den Verkäufer beziehungsweise Vermieter fehle, mit Marbacher Familien handelseinig zu werden.

„Wenn man heute eine Wohnung vermieten will, bekommt man 100 Anfragen. Ich behaupte, die Vermieter schauen dann nicht darauf, dass eine große Familie einzieht, sondern danach, wie es um die Bonität bestellt ist“, sagt der Marbacher Erste Beigeordnete Gerhard Heim. Davon abgesehen könne es Monate dauern, bis eine Wohnung wieder neu belegt sei. „Erst dann fließt aber die Umzugsprämie“, erklärt Thomas Storkenmaier. Daran musste er auch einen Bürger erinnern, der in einem Brief gleich zur Sache kam und gebeten hat, ihm für seinen Umzug doch bitteschön die 2500 Euro zu überweisen.

„Es ist ein Mitnahmeeffekt“

Alle Trümpfe in der Hand haben die Senioren nur, wenn sie selbst Eigentümer einer Immobilie sind, sich für kleinere vier Wände entscheiden und ihr bisheriges Zuhause an eine Familie verkaufen oder vermieten. „Aber bei der Konstellation wird die Prämie von 2500 Euro die Entscheidung wahrscheinlich nicht beeinflussen“, stellt Thomas Storkenmaier fest.

Gerhard Heim bezweifelt, dass letztlich das eigentliche Ziel erreicht werden kann, nämlich mehr Wohnraum für junge Familien zu generieren. „Die entscheidende Frage ist doch, ob die Umzugsprämie etwas bewirkt. Ich behaupte, dass die Senioren auch in den Fällen, die jetzt bei uns angekommen sind, nicht wegen der Umzugsprämie ausziehen. Das ist also ein reiner Mitnahmeeffekt“, sagt der Erste Beigeordnete. Man habe es auch von Anfang an für fraglich gehalten, dass das neue Modell tatsächlich viel bewirken kann, fügt Thomas Storkenmaier hinzu. „Es ist eher ein Thema, mit dem man ein Bewusstsein dafür schaffen kann, dass Ältere die Wohnungen für Jüngere freimachen“, fasst der Hauptamtsleiter zusammen.