Was sind Belegungsrechte, und wie funktionieren sie? Könnten sie in Filderstadt dem Wohnraummangel den Garaus machen? Wie funktioniert ein Modell mit Belegungsrechten in Tübingen? Wir haben nachgefragt.

Filderzeitung: Rebecca Anna Fritzsche (fri)

Filderstadt - In die Diskussion um bezahlbaren Wohnraum hat der Jugendgemeinderat Filderstadt jüngst ein neues Schlagwort eingebracht: Belegungsrechte.

 

Was sind Belegungsrechte?

Unter Belegungsrechten versteht man das Recht, einem Vermieter vorzuschreiben, mit wem er einen Mietvertrag abschließt. In der Regel kommt dies im Zusammenhang mit öffentlich gefördertem Wohnraum infrage.

Wie sieht das in der Praxis aus?

Eine Kommune kann Belegungsrechte erwerben, indem sie eine Geldsumme an Vermieter dafür bezahlt, dass die Kommune bestimmen darf, wer in die jeweiligen Wohnungen einziehen darf – etwa besonders bedürftige Gruppen wie Alleinerziehende, Senioren oder Familien, die wenig Geld zur Verfügung haben.

Wie könnte das in Filderstadt aussehen?

„Belegungsrechte sind ein Instrument, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen“, sagt Oberbürgermeister Christoph Traub, „aber eben nur eines“. Man müsse sich Gedanken machen, wie man bezahlbaren Wohnraum insgesamt generieren könne, und daraus ein Handlungsprogramm erstellen. „Da kann das Modell der Belegungsrechte dann einfließen“, so Traub. Gerade im unterpreisigen und mittelpreisigen Segment bestehe ein Bedarf. Dieses Handlungsprogramm befinde sich gerade in der Ausarbeitung. In der Vergangenheit hat die Stadtverwaltung laut Traub bereits Belegungsrechte innegehabt – damals zeitlich allerdings nur befristet.

Wie macht die Stadt Tübingen das?

Bisher gibt es ein Programm des Landes Baden-Württemberg, das Belegungsbindungen fördert. Dies sei aber bisher für den Tübinger Wohnungsmarkt nicht attraktiv gewesen, argumentieren die dortigen Wohnraumbeauftragten Julia Hartmann und Axel Burkhardt. Seit Frühjahr 2018 gilt folgendes: Wer sich in Tübingen als Vermieter verpflichtet, Wohnraum auf einen bestimmten Zeitraum zu 33 Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete zu vermieten, bekommt eine Prämie. Die richtet sich in ihrer Höhe nach dem Zeitraum, in dem die Wohnung vergünstigt angeboten wird. „Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen haben so eine bessere Chance auf bezahlbaren Wohnraum.“ Wohnbaugesellschaften wie die Gesellschaft für Wohnungs- und Gewerbebau (GWG) Tübingen profitieren von der städtischen Förderung, im Gegenzug räumt die GWG der Stadt Belegungsrechte ein.

Wie wird das Angebot angenommen?

In Tübingen haben in den vergangenen Monaten 17 private Eigentümer mit rund 27 Wohnungen Interesse an dem Förderprogramm bekundet, berichtet Claudia Salden von der Pressestelle der Stadt. Die meisten dieser Wohnungen waren jedoch schon vermietet und kamen darum nicht mehr infrage. „Förderfähig waren damit sieben Wohnungen von drei privaten Vermietern.“ Diese Anträge würden derzeit bearbeitet. Die Bindungsfristen betragen zwischen 15 und 30 Jahren. Außerdem habe die GWG wegen Mieterwechsel Anträge für 15 Wohnungen gestellt, diese sollen auf 30 Jahre gebunden werden, berichtet Salden. Insgesamt sind dies 22 Wohnungen, bei einer beantragten Fördersumme von rund 311 000 Euro. Insofern ist das Tübinger Konzept schon jetzt erfolgreicher als erwartet: Die bereitgestellten Haushaltsgelder liegen nämlich bei lediglich 250 000 Euro. Claudia Salden sagt: „Die Stadtverwaltung möchte dem Gemeinderat vorschlagen, weitere Mittel bereitzustellen.“