Im Winter gibt es zahlreiche Hilfsangebote für Wohnungs- und Obdachlose, im Sommer kaum. Doch es gibt Ideen für Menschen, die der Hitze unmittelbar ausgesetzt sind.
Wenn es kalt wird, rollt der Kältebus und versorgt Menschen, die draußen frieren. Und wenn es heiß wird? Sind Wohnungs- und Obdachlose meist auf sich allein gestellt. Dabei bedrohen Temperaturen um die 40 Grad vor allem jene, die sich nicht gut abkühlen können. „Wahrscheinlich ist heute schon die Gefährdung für Obdachlose durch Hitze größer als durch Kälte“, sagte vergangene Woche der Arzt und Vorsitzende des Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit, Martin Herrmann, bei einer Pressekonferenz anlässlich der aktuellen Hitzewelle.
Mangels einer entsprechenden Krankheitsdefinition gibt es keine Zahlen, wie viele Menschen hitzebedingt ins Krankenhaus müssen oder gesundheitliche Schäden bis hin zum Tod erleiden. Das gilt für Menschen ohne festes Dach über dem Kopf vermutlich ganz besonders – weil sie sich bei Hitze vielfach zurückziehen, mit Kopfschmerzen oder Kreislaufproblemen womöglich nicht gleich zum Arzt gehen und womöglich niemand von ihrer akuten Not Notiz nimmt.
Einfach spontan etwas Wasser spenden
„Die Hitze ist bei Menschen auf der Straße ein großes Thema, sie leiden auch darunter“, sagt Daniel Knaus, Social-Media-Redakteur bei der Straßenzeitung Trottwar. Aber natürlich hätten sie Strategien im Umgang mit hohen Temperaturen entwickelt. Passagen oder andere schattige Orte mit Luftzug seien dieser Tage begehrt, ebenso Funktionskleidung. Sie klebt nicht schweißnass am Körper und ist insbesondere bei Frauen beliebt, weil sie damit trotzdem bekleidet sind und die Gefahr sexualisierter Übergriffe reduzieren können.
Außerdem brauchen Menschen, die bei Glutzhitze draußen sein müssen, Wasser. „Ich bin vergangene Woche durch die Stadt gelaufen und habe herumgefragt, was Menschen auf der Straße jetzt brauchen“, berichtet Daniel Knaus. Einerseits sei jede Form von Ansprache hilfreich, aber eben auch ungefragt ein Wasser hinzustellen oder ein nicht mehr benötigtes Stück Funktionskleidung. Wer den direkten Kontakt nicht wolle, könne bei Sozialdiensten oder auch der Trottwar-Redaktion entsprechende Spenden abgeben.
In Hamburg fährt ein Hitzebus
Hitze denkt man viel weniger mit Hilfe auf der Straße zusammen als Nächte mit Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Doch mit dem Klima ändern sich auch die Probleme von Menschen, die kein festes Dach über dem Kopf haben. Unter anderem in Hamburg ist analog zum auch in Stuttgart fahrenden Kältebus des Roten Kreuzes bei hohen Temperaturen ein Hitzebus unterwegs, der Getränke und Müsliriegel verteilt – und natürlich auch nach den gefährdeten Menschen schaut.
In Stuttgart gibt es noch kein solches Angebot, das Rote Kreuz hat nach eigener Aussage jedenfalls keine entsprechenden Pläne. „Ich fände das genial“, sagt dagegen Daniel Knaus. Ein Bus ist mobil und erreicht Menschen auch außerhalb stationärer Hilfseinrichtungen.
Zumindest angesichts der zukünftig längeren und häufigeren Hitzewellen sei so ein Angebot sinnvoll, findet auch Miriam Schiefelbein-Beck, die bei der Caritas Stuttgart den Fachdienst der offenen Hilfen leitet. Dann womöglich aber für die Gesamtbevölkerung, weil nicht nur Menschen ohne Wohnung unter der Hitze leiden.
„Diese Menschen improvisieren die ganze Zeit“
Bis jetzt kämen Menschen ohne Wohnung oder solche, die sehr arm sind, mit der Sommerhitze einigermaßen zurecht. „Diese Menschen sind armutserfahren. Sie improvisieren die ganze Zeit, fragen um Hilfe oder wissen sich selbst zu helfen“, sagt Schiefelbein-Beck. Das kann bedeuten, sich in einen kühlen Raum wie Einkaufszentren oder Büchereien zu begeben, sich um einen gespendeten Ventilator zu bemühen oder einfach um eine Flasche Wasser zu bitten – zum Beispiel in den Räumen der offenen Hilfen. „Stuttgart hat eines der am besten ausgebauten Hilfesysteme Deutschlands. Die Betroffenen wissen, wo sie Unterstützung erhalten“, sagt Schiefelbein-Beck.
Spontane Trinkwasserspenden für Menschen auf der Straße hält auch sie für eine hervorragende Idee – als Unterstützung für Mitbürger, die seit jeher für sich selbst sorgen müssen, egal ob es heiß ist oder kalt.