Baden-Württemberg 500 Millionen für den Wohnungsbau

Grün-Schwarz will mit viel Geld den Wohnungsbau im Südwesten ankurbeln. Die Forderung von Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer nach einer Mietobergrenze kommt nicht an.
Stuttgart - Mit jeweils 250 Millionen Euro will das Land in diesem und im nächsten Jahr den Wohnungsbau fördern. Rund 183 Millionen Euro sollen für Sozialwohnungen investiert, mit 60 Millionen der Erwerb von Eigentum unterstützt werden. Weitere Mittel stehen etwa für Sanierungen sowie Genossenschaften bereit. „Mit dem heute beschlossenen Entwurf haben wir alles getan, was in unseren Möglichkeiten liegt“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Dienstag in Stuttgart. Gegenüber 2011 seien die Mittel für den Wohnungsbau verfünffacht worden.
Zugleich kündigte Kretschmann an, dass er die Forderung des Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer (Grüne) nach staatlich kontrollierten Mietobergrenzen prüfen wolle. In einem Interview mit dieser Zeitung hatte Palmer einen solchen Schritt gefordert, um Immobilienspekulationen zu beeenden und die Preise auf dem Mietwohnungsmarkt wieder in den Griff zu bekommen. Ein solches Instrument habe es auch schon unter den CDU-Bundeskanzlern Konrad Adenauer und Ludwig Erhard ge-geben, sagte Palmer. Er stimme Palmers Analyse zu, „dass bezahlbare Mieten zu einer der größten sozialen Herausforderungen“ gehörten, erklärte Kretschmann. Allerdings müsse geprüft werden, „welche Kollateralschäden“ eine Obergrenze hätte. Er bezweifle, dass eine solche Regelung dazu führe, dass es mehr Wohnungen gebe.
Mehr Flexibilität bei Begrünung und Spielplätzen
Die für den Wohnungsbau zuständige Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) ist gegen eine Begrenzung der Mieten. Nötig seien „mehr baureife Flächen, und das Bauen muss kostengünstiger werden“, sagte sie. Das soll unter anderem durch eine Änderung der Landesbauordnung erreicht werden. Die Fraktionen von Grünen und CDU im Landtag haben sich bereits darauf verständigt, dass vermehrt günstigere Baustoffe wie Holz oder Recycling-Beton verwendet werden können. Auch müssen Gebäude nicht mehr wegen Brandgefahr 30 Meter von Wäldern entfernt sein. Flexiblere Regelungen sind beispielsweise auch bei der Begrünung von Flachdächern und der Einrichtung von Kinderspielplätzen geplant. Extraflächen zum Wäschetrocknen sollen ebenfalls nicht mehr vorgeschrieben werden.
Strittig zwischen Grünen und CDU ist aber weiter das Thema Fahrradabstellplätze. „Wir wollen, dass in Zukunft die Gemeinden nach den örtlichen Verhältnissen entscheiden, analog zur Regelung bei den Kfz-Stellplätzen“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Claus Paal. Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz kann sich Ausnahmen dort vorstellen, wo der Bedarf nachweislich fehlt – etwa bei Wohneinheiten mit vielen Singles oder überwiegend älteren Bewohnern.
Eigentümerverband fordert weniger Vorschriften
Zu viele Vorschriften sind aus Sicht des Verbandes Haus und Grund Württemberg ein Grund, warum Wohnungen fehlen. „OB Palmer liegt falsch, wenn er ein Marktversagen anprangert, vielmehr handelt es sich um ein Politikversagen“, sagte Geschäftsführer Ottmar H. Wernicke. „Weitere Restriktionen werden nur dazu führen, dass noch weniger Menschen eine für sie leistbare Wohnung finden werden.“ Die wohnbaupolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Gabriele Reich-Gutjahr, warf Palmer „ein Ablenkungsmanöver“ vor. Miethöhen seien nicht in erster Linie Ergebnisse von Spekulationen. Die meisten Vermieter böten ein oder zwei Wohnungen auf dem Wohnungsmarkt an. „Für sie ist das eine Möglichkeit zur Eigentums- und Altersabsicherung.“
Unterstützung findet Palmers Vorschlag hingegen beim Deutschen Mieterbund Baden-Württemberg. „Ohne wirksame Gesetze zur Mietpreisbegrenzung werden die Mieten in unseren Städten noch unbezahlbarer werden“, erklärt der Vorsitzende des Deutschen Mieterbundes Baden-Württemberg, Rolf Gaßmann.
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