Sozialer Wohnungsbau ist das Gebot der Stunde. Dafür haben Sie auch ein Areal in Echterdingen ins Spiel gebracht, das an der sogenannten Südkurve liegt.
Ein Investor, der dort bauen wollte, hatte das recht große Grundstück am Aicher Weg und der Friedrich-List-Straße einst so genannt. Wir haben es von ihm vor Gericht zurückerstritten. Dort könnte eine nennenswerte Zahl von Wohnungen im Geschossbau entstehen. Das Areal gehört zu einem Gebiet, das überraschend schnell aufgesiedelt wurde. Eine Kita liegt in der Nähe, zu den Schulen ist es nicht weit. Neue Wohnungen würden dort sicher gut angenommen werden.
Auch in Unteraichen an der Jakobstraße könnten Wohnungen entstehen...
Dieses Grundstück haben wir der Firma Roto Frank abgekauft, in der Absicht dort Wohnungsbau vorzunehmen – für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt oder für sozial Schwache, das ist noch nicht entschieden. Gegebenenfalls wollen wir das als eigenes Projekt durchziehen. Wir sind mit unserer Wohnungswirtschaft erst an den Start gegangen. Mitarbeiter des neuen Amtes werden zunächst bestehende Wohnungen auf ihren Sanierungsbedarf abklopfen. Ich kann mir deshalb vorstellen, dieses Areal auch mit einer gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft zu entwickeln.
In den Rötlesäckern, westlich der Maybachstraße und ebenfalls in Unteraichen, sehen Sie keinen Wohnungsbau.
Ganz so ist es nicht. Wir können an die bestehenden Häuser nicht direkt ein Gewerbegebiet anschließen. Es muss ein Mischgebiet als Puffer geben. Von daher werden auch in den Rötlesäckern Wohnungen entstehen. Der Großteil der Fläche soll aber, wenn es nach mir geht, Unternehmen zur Verfügung stehen. Zumal wir ja Alternativen haben, wie die Schelmenäcker. Es geht aber auch um eine Entwicklung der Bergäcker in Oberaichen und das sogenannte Käpsele-Gebiet in den Echterdinger Goldäckern.
Letzteres ist als Vorzeigeprojekt geplant: Diese Wohnungen am Westrand von Echterdingen sollen bezahlbar und ökologisch wertvoll werden. Werden andere Städte künftig neidvoll nach Leinfelden-Echterdingen blicken?
Wenn uns das gelänge, dann hätten wir das Ei des Kolumbus im Baubereich gefunden. Denn gerade mit der sehr teuren Holzbauweise kann ich zwar das ökologische Ziel erreichen, aber nicht das Ziel der Bezahlbarkeit. Wenn wir den höchsten ökologischen Standard wollen, bedeutet das noch mehr Kosten. Mit den derzeitigen Baupreisen bekommen wir so keinen bezahlbaren Wohnbau hin, ohne dies massiv mit Steuergeldern zu bezuschussen. Sonst kommen da Mieten raus, die sich nicht mal ein Oberbürgermeister leisten kann, geschweige denn ein Mitarbeiter des Bauhofes oder eine Erzieherin. Wir müssen dort klar sagen, was wir wollen.
Vor dem Bauen müssen auch dort archäologische Schätze aus dem Erdreich geborgen werden. Warum muss die Stadt allein für die Ausgrabung aufkommen und hat im Anschluss keinen Anspruch auf einen Scherben?
Das kann ich nicht erklären. Ich habe an den Städtetag geschrieben, er will mit dieser Problematik an die Landesregierung herantreten. Ich bin auch dafür, dass man diese Schätze birgt und nicht einfach zusammenschiebt. Dass wir aber 100 Prozent der Kosten übernehmen, ohne jeglichen Eigentumsanspruch, das finde ich nicht gerecht. Wir sprechen hier immerhin über 600 000 bis 800 000 Euro. Und tun etwas, was die Landesregierung ganz oben auf die Agenda gesetzt hat, nämlich soziale Wohnungen zu schaffen. Wir sollten über eine Kostenteilung zwischen Land und Stadt sprechen.
Lesen Sie aus unserem Angebot: Wenn Zusagen nicht eingehalten werden
Das Bauen bringt immer wieder Unerwartetes mit sich, mit Fallstricken ist zu rechnen. Wie kann sich die Stadt hier künftig besser wappnen?
Das ist sehr schwierig, bei Ausschreibungen sind wir gehalten, den günstigsten Bieter zu nehmen. Selbst dann, wenn das eine Firma wäre, die keinen guten Ruf hat. Viele Firmen arbeiten gut, aber wir haben Konkurse erleben müssen, wir haben erleben müssen, dass Zusagen nicht eingehalten werden, dass Fenster, die versprochen wurden, nicht mal produziert wurden. Zu einem Zeitpunkt, wo sie eigentlich schon eingebaut werden sollten. Wegen der boomenden Baukonjunktur haben die Firmen Personalprobleme. Coronabedingt gibt es Lieferengpässe. Baustahl und Konstruktionsholz haben sich extrem verteuert. Diese Spirale schiebt sich gegenseitig an. Eigentlich wäre es für die Wirtschaft jetzt gut, wenn sich der Baumarkt deutlich beruhigen würde. Wenn es also erste Stimmen gibt, die sagen, dass das Ziel der Bundesregierung 400 000 Wohnungen zu bauen, gar nicht nötig sei, dass schon 300 000 Wohnungen ausreichen, scheinen sich leichte Leuchtzeichen am Horizont aufzutun.
In Leinfelden-Echterdingen stehen Wohnungen leer oder werden gewerblich genutzt. Wie wollen Sie das ändern?
Wenn wir erfahren, dass Wohnungen gewerblich vermietet werden, dann sind wir hinterher, dass diese wieder dem Wohnungsmarkt zugeführt werden. Beim Leerstand sind wir noch am Überlegen. Denn eine Wohnung leer stehen zu lassen, hat nicht nur den Hintergrund, dass jemand seine Wohnung dem Markt entziehen will. Mancher hat einfach sehr schlechte Erfahrungen mit Mietern gemacht. Ich bin auch kein Freund von Zwangsmaßnahmen, ich würde lieber überlegen, wie ich Anreize schaffen kann, dass dieser Leerstand geringer wird. Das wollen wir – initiiert durch einen SPD-Antrag – noch diskutieren.
Zur Person
Oberbürgermeister
Roland Klenk ist seit fast 20 Jahren Oberbürgermeister der Stadt Leinfelden-Echterdingen. Anfang 2018 hat er seine dritte Amtszeit antreten. Wenn er wollte, könnte der mittlerweile 69-Jährige noch vier Jahre die Geschicke dieser Stadt lenken. Eine der letzten großen Diskussionen, die er „in dieser Stadt noch an vorderster Stelle mitführen will“, wie er sagt, ist jene um den Klimaschutz und die Erhaltung des Wohlstandes. Die Ökologie müsse zwar stärker in den Mittelpunkt des Tuns gerückt werden, gleichzeitig gelte es aber die wirtschaftlichen Grundlagen zu erhalten und zukunftsfähig zu machen. Die Spannungen, die in der Gesellschaft wegen der Pandemie entstanden sind, machen dem CDU-Mann große Sorgen. „Ich wäre auch sehr zufrieden, wenn wir uns wieder freier bewegen und uns vor allem wieder unbeschwerter begegnen könnten.“ Denn das vermisse er sehr.
Wohnungsmarkt
Der Wohnungsmarkt hat sich auch von der Coronakrise wenig beeindruckt gezeigt. Stuttgart ist neben München noch immer die teuerste Großstadt, dicht gefolgt von Leinfelden-Echterdingen auf Platz drei. Die Mieten steigen weiter an, wenn auch nicht mehr so stark wie früher, bezahlbare Wohnungen sind Mangelware. Um dies zu ändern hat die Stadt ein Regiebetrieb für die Wohnungswirtschaft innerhalb des Amtes für Immobilien gegründet, der sich später zu einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft weiter entwickeln kann. Verschiedene Neubaugebiete sind geplant, in denen auch preisgedämpfter Wohnraum entstehen soll.