Weil bei der Genehmigung rechtliche Hürden aufgetaucht sind, verzichtet die Stadt Nürtingen auf einen Neubau in der Max-Eyth-Straße. Dafür soll im Kampf gegen Obdachlosigkeit an anderen Stellen wenigstens teilweise Ersatz geschaffen werden.

Nürtingen - Rund 120 Menschen, die kein Dach über dem Kopf haben, muss die Stadt Nürtingen jährlich unterbringen. Damit die Kommune ihrer gesetzlichen Pflicht nachkommen kann, sollte in der Max-Eyth-Straße eine Obdachlosenunterkunft für 75 Menschen entstehen. Doch jetzt sind unerwartet rechtliche Hürden aufgetaucht, so dass die Stadt auf das Bauprojekt verzichtet.

 

Gegen die vom städtischen Eigenbetrieb Gebäudewirtschaft Nürtingen geplante Unterkunft haben Nachbarn Einwände erhoben, wie der Sprecher des Rathauses, Clint Metzger, erklärt.

Das geplante Gebäude liegt im Bereich einer Grünzäsur

Bei der Prüfung des Bauantrags durch das Regierungspräsidium sei festgestellt worden, dass sich das Bauvorhaben im Bereich einer Grünzasur befindet. Das sind kleinere Freiräume, die laut dem Regionalplan von Besiedlung freizuhalten sind. Es soll gewährleistet werden, dass Siedlungen nicht zusammenwachsen und siedlungsnahe Freiflächen erhalten bleiben.

Zwar hätte es die Chance gegeben, über ein sogenanntes Zielabweichungsverfahren das Projekt eventuell doch noch zu realisieren. Doch weil dies mit einer „erheblichen zeitlichen Verzögerung bei ungewissem Ausgang“ verbunden gewesen wäre, so Clint Metzger, halte die Stadt nun nicht weiter an dem Neubau in der Max-Eyth-Straße fest, der voraussichtlich 4,25 Millionen Euro gekostet hätte.

Versäumnisse der Vergangenheit rächen sich nun

Um Obdachlose und Geflüchtete im Zuge der Anschlussunterbringung mit Wohnraum zu versorgen, hat Nürtingen unter anderem eine ehemalige Gemeinschaftsunterkunft des Landkreises im Teilort Raidwangen gekauft. Sie wird derzeit für die Wohnnutzung vorbereitet, damit bis zu 30 Menschen dort ein neues Zuhause finden können. Zudem ist es der Stadt gelungen, einige auslaufende private Mietverhältnisse zu verlängern.

Um möglichst schnell voranzukommen, konzentriert sich die Verwaltung laut Clint Metzger nun darauf, die ebenfalls geplanten Projekte für bezahlbaren Wohnraum im Marbachweg und in der Grötzinger Straße umzusetzen. In der Grötzinger Straße können 15 und im Marbachweg acht Zwei- bis Vierzimmerwohnungen entstehen, so dass dort rund 50 Personen wohnen können. „Wie in vielen anderen Kommunen haben wir in Nürtingen das Problem, dass uns bezahlbarer Wohnraum fehlt. Doch was in vielen Jahren versäumt wurde, können wir nicht von heute auf morgen nachholen“, sagt die Nürtinger Kultur- und Sozialbürgermeisterin Annette Bürkner.

Bündnis Wohnen ruft zu einer Kundgebung am 28. März auf

Indessen ruft das Bündnis Wohnen in Esslingen und Göppingen zu mehreren Aktionen für mehr bezahlbaren und sozialen Wohnraum auf. So wird es unter dem Motto „Wohnen für Menschen statt für Profite“ am Samstag, 28. März, von 12 Uhr an auf dem Esslinger Bahnhofsvorplatz eine Kundgebung geben. Erwartet werden laut einer Mitteilung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) mindestens 100 Teilnehmer. Im Anschluss geht es zur Mietendemonstration nach Stuttgart. Bereits am 21. März wird das Bündnis mit einem Infotisch auf der Inneren Brücke in Esslingen präsent sein.

„Wir erleben, wie Wohnraum zu Betongold wird und zur Aktie an der Börse. Wohnungen sind heute weniger für Menschen, als für Profite da“ so Gerhard Frank, DGB-Vorsitzender des Kreisverbandes Esslingen-Göppingen. Um das zu ändern hat Gerhard Frank zusammen mit dem Deutschen Mieterbund Esslingen-Göppingen bereits Ende 2019 das Bündnis für Wohnen ins Leben gerufen.