Wohnungsbau sollte in Stuttgart Chefsache werden: 550 öffentlich ­geförderte Wohnungen pro Jahr hatte Kuhn im Mai angekündigt. Mit 200 geplanten Sozialwohnungen für 2014 bleibt er allerdings weit hinter dem selbstgesteckten Ziel zurück.

Stuttgart - Wohnungsbau sollte in Stuttgart Chefsache werden. Im Mai dieses Jahres hatte Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) für den Herbst ein sogenanntes Strategiekonzept Wohnen angekündigt. Der Herbst ist da, das Konzept nicht. „Es wird keine gesonderte Vorstellung geben“, sagt Andreas Scharf, der Pressesprecher der Stadt, auf Anfrage der Stuttgarter Zeitung. „Was beim Thema Wohnen realisierbar ist, steht im Haus- haltsentwurf“, sagt er und fügt hinzu: „Das ist nicht die optimale Lösung.“

 

11,2 Millionen Euro bis 2018

Hinter ihren eigenen Zielen bleibt die Stadt mit den nun geplanten Investitionen jedenfalls weit zurück. 550 öffentlich geförderte Wohnungen pro Jahr hatte Kuhn im Mai im Wirtschafts- und im Technikausschuss des Gemeinderats angekündigt. Im Verwaltungsvorschlag für den neuen Doppelhaushalt finden sich für das Jahr 2014 hingegen lediglich 200 Sozialwohnungen, für 2015 sind 300 geplant. Dazu sollen noch jeweils 100 Einfamilienhäuser oder Eigentumswohnungen, die über das Familienbauprogramm gefördert werden, hinzukommen. Bis 2018 sind Investitionen von 11,2 Millionen Euro geplant.

„Ich bin entsetzt“, sagt Rolf Gaßmann, der Vorsitzende des Stuttgarter Mietervereins. Für seine Initiative in Sachen sozialer Wohnungsbau wurde Kuhn vom Mieterverein im Mai noch ausdrücklich gelobt. „Was damals groß angekündigt wurde, erkenne ich jetzt kaum wieder“, sagt Gaßmann. 200 Sozialwohnungen im kommenden Jahr, das ist aus seiner Sicht viel zu wenig. „Und nicht einmal dafür wird das Geld reichen“, warnt Gaßmann, „die Subventionen sind viel zu gering.“

Mieten sollen auf 7,50 Euro begrenzt werden

Im Haushaltsvorschlag der Verwaltung finden sich unter dem Punkt Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus für das Jahr 2014 folgende Zahlen: 200 Wohnungen und zwei Millionen Euro. Für jede Wohnung bleiben also 10 000 Euro Fördermittel. „Ziel der Stadt ist es, die Mieten in diesen Wohnungen auf 7,50 Euro zu subventionieren“, sagt der Sprecher der Stadt, Sven Matis. Das bedeutet: der jeweilige Bauherr, egal ob es sich dabei um einen privaten Anbieter oder die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft SWSG handelt, muss sich verpflichten, die Mieten dauerhaft auf dem geforderten Niveau zu halten. Im Gegenzug erhält er dafür die Fördermittel der Stadt. „Die Unternehmen können rechnen“, sagt Rolf Gaßmann, „da ist ein Engagement nicht attraktiv.“ Um 200 Wohnungen realisieren zu können, müsse mindestens die doppelte Summe ausgelobt werden. „Das Konzept wurde als Tiger angekündigt und ist als Bettvorleger gelandet“, urteilt der Vorsitzende des Mietervereins.

Auf Nachfrage liefert die Stadt einige Details zu den geplanten Investitionen: Man plane Ein- bis Vierzimmerwohnungen mit einer durchschnittlichen Größe von 65 bis 70 Quadratmetern, heißt es von der Verwaltung. „Die Planung der Gebäude und die Bewilligung der Fördermittel soll in den beiden Haushaltsjahren 2014 und 2015 erfolgen“, erklärt Pressesprecher Matis den Zeitplan. „Erfahrungsgemäß vergehen bis zur Fertigstellung dann noch weitere zwei Jahre.“

Haus und Grund kritisiert den OB

Nicht allein beim Mieterverein stößt die Verwaltung mit ihrem Vorgehen auf Kritik. Der Eigentümerverein Haus und Grund bemängelt, dass die anstehenden Entscheidungen ohne ausreichende Faktenbasis getroffen werden müssen. „Es sollen namhafte Beträge in den Wohnungsbau investiert werden, ohne dem Gemeinderat und den beteiligten Akteuren am Markt vorher den fertigen, aktuellen Wohnungsmarktbericht vorzulegen“, sagt der Geschäftsführer Ulrich Wecker. „Der Bericht muss öffentlich gemacht werden, um eine sachliche Diskussion zu ermöglichen.“

Von seiner Ankündigung, 550 Sozialwohnungen subventionieren zu wollen, sei der OB jedenfalls deutlich abgerückt. „500 Wohnungen in zwei Jahren sind in Stuttgart nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt Wecker. Der Vorsitzende von Haus und Grund, Klaus Lang, fügt hinzu: „Es gibt einen Personenkreis, für den gibt es in der Stadt zu wenig bezahlbaren Wohnraum. Aus diesem Grund muss beim sozialen Wohnungsbau etwas passieren – ich sehe hier die SWSG stärker als bisher in der Pflicht.“

Bei aller Kritik, die Verwaltung ist sich mit Blick auf die kommenden Haushaltsberatungen relativ sicher, im Gemeinderat eine Mehrheit für ihr Investitionspaket zu finden. „Da allen Fraktionen der öffentlich geförderte Wohnungsbau ein wichtiges Anliegen ist, werden keine Hürden im Gemeinderat gesehen“, erklärt der Stadtsprecher Sven Matis. Der Haushalt soll am 20. Dezember beschlossen werden.