In Stuttgart herrscht ein großer Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Trotzdem sollen am Stadtrand keine neuen Wohngebiete ausgewiesen werden – um Freiflächen zu schonen.

Stuttgart - Bei allen Unterschieden in Fragen des Wohnungsbaus waren sich die Stadträte im Technischen Ausschuss des Gemeinderats am Dienstag weitgehend einig: Dem vom Regionalpräsidenten Thomas Bopp (CDU) ins Spiel gebrachten Vorschlag, am Stadtrand neue Wohngebiete auszuweisen, um dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Stuttgart zu begegnen, wollen sie nicht folgen. „Wir bleiben bei unserer Politik der Schonung von Freiflächen“, so Baubürgermeister Matthias Hahn. Es gelte weiterhin der Grundsatz: Innen- vor Außenentwicklung.

 

Ansonsten veranlasste die von der Verwaltung alle vier Jahre aktualisierte sogenannte Zeitstufenliste Wohnen, in der das Potenzial an neuen Baugebieten ausgewiesen wird, die Fraktionen zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Derzeit stehen laut Zeitstufenliste noch 174 Areale für Wohnungsbau zur Verfügung – das entspricht einer Fläche von 247 Hektar. Daraus ergibt sich ein Potenzial von rund 21 400 Wohneinheiten. Da die Gleisbauflächen auf dem S-21-Gelände hinter dem Hauptbahnhof erst von 2025 an bebaut werden können, wird die Deckung des Bedarfs von 2020 an aber erschwert. Dieses Delta ist aber auch für die CDU kein Grund, nach großflächigen Baugebieten zu rufen. Stadtrat Philipp Hill sagte, man dürfe angesichts der rückläufigen Entwicklung bei den Bauflächen um durchschnittlich rund neun Prozent „nicht in Panik verfallen“.

Wie viele Einwohner verkraftet die Landeshauptstadt?

Die Landeshauptstadt sei aufgrund ihres breiten Angebots ein äußerst attraktiver Standort, dementsprechend begehrt seien auch Wohnungen in der Stadt. Die Politik müsse allerdings darüber nachdenken, „wohin Stuttgart noch wachsen will“, so Hill. Hintergrund: Statistische Prognosen besagen, dass die Stadt im Jahr 2030 auf bis zu 630 000 Einwohner anwachsen könnte. Für die Grünen erklärte Fraktionschef Peter Pätzold, die Ressource Boden sei endlich. Man müsse auf Qualität statt auf Quantität setzen und den geförderten Wohnungsbau stärken. SPD-Fraktionschef Martin Körner betonte, bei teilweise um bis zu neun Prozent steigenden Mieten pro Jahr sehe er massive Probleme, den Bedarf an Wohnungen für Menschen mit durchschnittlichem Einkommen zu befriedigen. Das Wohnungsbauprogramm von OB Fritz Kuhn (Grüne), das pro Jahr den Bau von 1800 neue Wohnungen vorsieht, müsse nachgebessert werden.

Jürgen Zeeb von den Freien Wählern wollte das Thema Innen- vor Außenentwicklung nicht „heilig sprechen“. Der Einführung eines Zweckentfremdungsverbots für leer stehende Bestandswohnungen („Leerstandsschnüffelei“) erteilte er ebenso eine Absage wie seine Kollegen von der CDU, der AfD und der FDP. Die SÖS-Linke-Plus plädiert dagegen wie die SPD für ein solches Instrument. Linken-Stadtrat Christoph Ozasek sprach sich zudem dafür aus, bei Neubauvorhaben verdichtet oder in die Höhe zu bauen statt in die Fläche.