Die Fraktionen befürworten zwar das Ziel des Chefstrategen Martin Körner. Sein Programm stößt aber auch auf Kritik.

Im Stuttgarter Gemeinderat hat man das Vorhaben des Chefstrategen Martin Körner, ein neues Bündnis mit Immobilienunternehmen zu schmieden, um neuen Wohnraum zu schaffen, überwiegend positiv aufgenommen. Im Unterausschuss Wohnungsbau stellte Körner Eckpunkte für eine Vereinbarung vor, durch die in den nächsten elf Jahren in der Stadt 20 000 Wohnungen entstehen sollen, davon 6000 geförderte. Städtische Flächen sollen an private Bauwillige veräußert werden, sofern sie bereit sind, Mietenbeschränkungen und Belegungsrechte anzubieten. Ein energetisches Modernisierungsprogramm wird wie die Entwicklung eines Wärmeleitplans, der Investitionssicherheit verleihen soll, und das Ziel, nachhaltige Lösungen für barrierefreie und altersgerechtes Wohnen zu finden, von allen Fraktionen positiv gesehen. Der Gemeinderat soll vor der Sommerpause abstimmen.

 

Zu wenig geförderte Wohnungen

Heftige Kritik gab es an der Beschränkung für das Stuttgarter Innenentwicklungsmodell (SIM); es bleibt demnach bei einem Anteil von 30 Prozent geförderten Wohnungen auf privaten Grundstücken, wenn geplante Vorhaben ein neues Planrecht mit einer höheren Ausnutzung erfordern und es in dessen Folge Wertsteigerungen geben würde. Chefstratege Körner wies allerdings darauf hin, dass mit den privaten Wohnungsunternehmen, deren Engagement freiwillig sei, eine höhere Quote aktuell nicht zu machen sei. Der Gemeinderat hatte kürzlich eine Anhebung auf 40 Prozent ins Auge gefasst.

Während Vertreter von CDU, FDP und Freien Wählern Verständnis für den SIM-Vorschlag äußerten und anmahnten, man dürfe die Unternehmen, vor allem die kleinen, nicht überstrapazieren, kündigte Johanna Tiarks für das Linksbündnis an, die Zustimmung verweigern zu wollen. Die Grünen, die SPD und die Fraktionsgemeinschaft Puls – das ist die öko-soziale Mehrheit im Rat - sehen die 30-Prozent-Quote ebenfalls kritisch. Körner machte deshalb die Rechnung auf: „Mehr Teilnehmer mit 30 Prozent sind besser als wenige mit 40 Prozent.“

OB Noppers Versprechen kassiert

Grüne und SPD äußerten Kritik am Ziel, in den nächsten elf Jahren den Baubeginn von 20 000 Wohnungen zu ermöglichen. Fertiggestellt wären diese in 13 Jahren, was jährlich nur 1500 Einheiten entspreche. Das wären 300 weniger als vor wenigen Jahren unter OB Fritz Kuhn (Grüne) versprochen und sogar 500 weniger als der Amtsinhaber Frank Nopper (CDU) zugesagt hat. Silvia Fischer findet, die konkrete Zahl hätte man sich sparen können, man benötige zuerst eine Liste mit zeitnah bebaubaren Grundstücken. Stefan Conzelmann (SPD) findet, die Stadt solle sich nicht am Machbaren, sondern am Nötigen orientieren. Das sieht der Mietervereinsvorsitzende Rolf Gaßmann genauso: „Ein Festhalten am viel zu geringen Neubau auf Grund falscher Prognosen führt dazu, dass sich falsche Prognosen zu Lasten einer dynamischen wirtschaftlichen Entwicklung erfüllen.“ Das könne sich Stuttgart gar nicht leisten. Andere deutsche Großstädte planten dynamischer: München bis 2030 mit einem Einwohnerplus von 140 000 auf 1,6 Millionen, Hamburg wolle mit 146 000 zusätzlichen Einwohnern die Zwei-Millionen-Grenze überschreiten, während Stuttgarts Statistiker nur mit einem Zuwachs von 6000 Einwohnern rechneten. München und Hamburg bauten je 100 000 Einwohner doppelt so viele Wohnungen. Unter den Städten über 600 000 Einwohnern trage Stuttgart beim Neubau seit Jahren die „rote Laterne“.