Der Therapeut Arno Deister erklärt, wie Opfer mit den psychischen Folgen eines Wohnungseinbruchs fertig werden können.

Stuttgart – - Herr Deister, es ist eine Horrorvorstellung: Man kommt nach Hause – und findet die eigenen vier Wände durchwühlt und verwüstet vor. Welche psychische Folgen zeigen sich bei den Opfern nach einer Straftat wie einem Einbruch?
Das ist ganz unterschiedlich und hängt vor allem von der Schwere der Straftat ab und von der individuellen Art, damit umzugehen. Wohnungseinbrüche können traumatisierend sein: Die eigene Wohnung ist etwas sehr Intimes, zu der nicht jeder Zugang hat – sondern erst nach Erlaubnis. Aber ein Einbrecher setzt sich klar und mit Gewalt darüber hinweg. Das empfinden Betroffene als einen Kontrollverlust, der ihnen Angst macht. Und diese Angst kann sich unterschiedlich äußern – in Formen einer inneren Anspannung wie Schlafstörungen oder nervösen Unruhen. Es kommt auch zu Reaktionen, die wir als vegetative Übererregbarkeit bezeichnen: Schwitzen, Frieren, Schreckhaftigkeit.
Wie kann das Geschehene verarbeitet werden?
Die psychischen Folgen sind manchmal so extrem, dass Menschen ihre Wohnung oder ihr Haus aufgeben, weil sie es am Ort des Geschehens nicht mehr aushalten. Das hilft allerdings nicht immer, denn die innere Struktur wurde erschüttert, und das wird durch einen Ortswechsel nicht automatisch besser. Es geht erst einmal darum zu verstehen, dass Angst eine ganz natürliche Reaktion auf ein solches Erlebnis ist. Um dieser zu begegnen, gibt es Hilfen – etwa, dass man sein Zuhause mit Sicherheitstechnik schützt, was auch eine gewisse seelische Absicherung sein kann. Aber noch wichtiger ist es, seine inneren Ressourcen zu aktivieren um die Situation zu bewältigen – etwa mit Entspannungstechniken, mit anderen darüber zu reden. Bei schwer wiegenden Fällen braucht es auch ärztliche Unterstützung.
Jedes fünfte bis sechste Opfer leidet Studien zufolge auch unter der psychischen Belastung. Sind bestimmte Personengruppen besonders betroffen?
Eine Verallgemeinerung ist schwierig. Grundsätzlich reagieren Frauen stärker auf Angstthematiken, ebenso Menschen mit wenigen sozialen Kontakten. Aber es hängt auch davon ab, in welcher Lebenssituation sich der Betroffene gerade befindet. Ist diese schwierig und kommt dann ein Einbruch hinzu, kann die Reaktion darauf sehr massiv sein.
Wie können Außenstehende Betroffenen helfen?
Freunde, Bekannte, Verwandte sollten die Ängste ernst nehmen und Hilfe anbieten. Das kann ganz simpel sein: etwa bei dem Betroffenen eine Zeit lang bleiben, damit er nicht alleine ist. Man sollte ihn auch auf professionelle Hilfe hinweisen.