Die Wohnungslosenhilfe steht eigentlich gut da: Jüngst hat sie erst ihr grundsaniertes Gebäude eingeweiht. Doch die Arbeit wird schwieriger – vor allem wegen des Drucks auf dem Immobilienmarkt.

Ludwigsburg - Der Druck wächst. Für die Klientel der Wohnungslosenhilfe ist es ohnehin schwierig, eine reguläre Bleibe zu finden. Angesichts des angespannten Immobilienmarktes und des zusätzlichen Platzbedarfs für Flüchtlinge sind die Chancen auf eigene vier Wände für die Wohnungslosen nun noch geringer. Das macht die Arbeit der Wohnungslosenhilfe im Kreis Ludwigsburg zu einer großen Herausforderung – auch wenn die Einrichtung derzeit recht gut da steht.

 

Erst vor knapp einer Woche hat die Wohnungslosenhilfe ihr frisch saniertes Haus an der Friedrichstraße offiziell eingeweiht. Zwei Jahre lang wurde das Gebäude von Grund auf erneuert und mit einem Anbau versehen, der nun rund 90 Quadratmeter zusätzlichen Platz bietet. Heinrich Knodel, der Geschäftsführer der Wohnungslosenhilfe, ist begeistert. Insbesondere der Speisesaal und die Küche, die nun jeweils doppelt so groß sind wie vorher, sowie die zweite Dusche seien nun optimal für die täglichen Anforderungen, so Knodel.

Und diese sind hoch, schließlich leistet die Einrichtung im Auftrag des Landkreises zahlreiche Hilfestellungen für Wohnungslose. Laut Heinrich Knodel entsteht der erste Kontakt meist über die Tagesstätte, die sich nun im Erdgeschoss des sanierten Hauses befindet. Diese steht jedem offen, der einen Kaffee trinken oder ein günstiges Mittagessen einnehmen will. Zudem können sich die Besucher hier auch einbringen und gegen eine kleine sogenannte Arbeitsprämie beim Kochen, Putzen oder Aufräumen helfen.

Leben auf der Straße macht misstrauisch

Für viele Langzeitarbeitslose sei das ein erster Schritt, wieder Struktur in ihren Tag zu bekommen, sagt Knodel. Über dieses niederschwellige Angebot fassten viele der Menschen Vertrauen in die Einrichtung, berichtet Knodel: „Das Leben auf der Straße macht misstrauisch.“ Sobald sie bereit seien, Hilfe anzunehmen, gehe es zunächst um ihre Existenzsicherung: Ihnen werde bei der Beantragung von Sozialleistungen, bei Behördengängen und der Schuldenregulierung geholfen, auch bei der Arbeitsplatzsuche gebe es Unterstützung.

Zudem sei die Begleitung zu Ärzten sehr wichtig: Laut einer Studie hätten 85 Prozent der Wohnungslosen eine medizinische Behandlung nötig, berichtet Knodel. Das Leben auf der Straße sei nicht gesund: Viele hätten Probleme mit den Knochen und dem Bewegungsapparat oder Folgeerscheinungen von Alkohol- oder Drogenkonsum – im Durchschnitt würden Menschen auf der Straße nur 55 Jahre alt.

Wohnungslose kommen oft aus bürgerlichem Milieu

Für ihn zeige das: „Das Leben auf der Straße hat nichts mit Abenteuer-Romantik zu tun.“ Die Erfahrung habe ihn gelehrt, dass niemand gerne wohnungslos sei, sondern dies oft der Endpunkt eines sozialen Abstiegsprozesses aus einem vormals bürgerlichen Leben sei. Auslöser dafür seien vielfach Krisen durch Arbeitslosigkeit, Scheidung oder Krankheit gepaart mit sozialer Isolation. Letztere sei auch der Grund, weshalb seine Einrichtung ein eigenes Grab unterhalte: Wenn Klienten sterben würden, gebe es oft niemanden, der sich um ein Grab kümmern wolle – um ein anonymes Begräbnis zu vermeiden, springe die Einrichtung ein.

Oberstes Ziel der Wohnungslosenhilfe ist es jedoch, den Klienten zu helfen, wieder in einer eigenen Wohnung leben zu können – auch wenn der Weg dorthin meist weit ist. Doch obwohl die Situation auf dem Wohnungsmarkt extrem angespannt sei, habe man bereits 102 von derzeit 195 betreuten Klienten mit Wohnraum versorgen können, berichtet Knodel. Allerdings seien viele davon in den Unterkünften der sozialen Einrichtung untergebracht. Die Wohnungslosenhilfe selbst hat Zugriff auf ein Kontingent von insgesamt 77 Plätzen.